Vom 18. bis 24. Juni 2025 tagte der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Johannesburg, Südafrika. Delegierte und Berater:innen aus aller Welt kamen zusammen, um zentrale Herausforderungen der internationalen Ökumene zu beraten – darunter aktuelle Krisen, Fragen struktureller Gerechtigkeit sowie die Rolle der Kirchen im Einsatz für Frieden.
Ein Höhepunkt war der feierliche Start der Ökumenischen Dekade für Klimagerechtigkeit („Ecumenical Decade for Climate Justice Action“) am 21. Juni. In Gebet, theologischer Reflexion und symbolischer Handlung verpflichteten sich die Kirchen auf zehn Jahre gemeinsamen Handelns für Klimagerechtigkeit. Der biblische Gedanke des „Jubeljahrs“ wurde als Grundlage für eine tiefgreifende Transformation hervorgehoben – weg von der Symptombekämpfung hin zur Bearbeitung systemischer Ursachen von Klimaungerechtigkeit. Teilnehmende Kirchen aus aller Welt mahnten zu mutigem Handeln und zur Solidarität mit besonders betroffenen Regionen.
Neben dem Klimathema stand die anhaltende Gewalt im Nahen Osten auf der Tagesordnung. In einer Hearing Session zu Israel/Palästina wurden die dramatischen Auswirkungen der Eskalation eindrücklich geschildert. Der ÖRK-Zentralausschuss brachte seine „tiefe Klage und Empörung“ über die massiven Verletzungen des humanitären Völkerrechts zum Ausdruck. Der Ruf nach Gerechtigkeit, nach Schutz für die Zivilbevölkerung und nach einer gerechten Friedenslösung wurde deutlich. Die Berichte von Betroffenen machten spürbar, wie notwendig eine klare kirchliche Positionierung und solidarisches Handeln sind.
Der Weltkirchenrat bezeichnet das von der israelischen Regierung gegen das palästinensische Volk angewandte System als Apartheid und fordert die internationale Gemeinschaft zu entschlossenem Handeln auf. In der Erklärung heißt es: „Wir erkennen einen klaren Unterschied zwischen dem jüdischen Volk, unseren Glaubensgeschwistern, und den Handlungen der israelischen Regierung an und bekräftigen, dass der ÖRK entschieden gegen jede Form von Rassismus, einschließlich Antisemitismus, antiarabischem Rassismus und Islamfeindlichkeit, eintritt.“ Die Bevölkerung in Gaza leide unter unerträglichen Zuständen. Die zunehmende Gewalt und Repression im Westjordanland und in Jerusalem drängen die weltweite Kirchengemeinschaft dazu, klar Stellung für die Prinzipien der Gerechtigkeit im Sinne des internationalen Rechts zu beziehen.
Der südafrikanische Kontext prägte die Plenarsitzungen und Diskussionen. Das Vermächtnis der südafrikanischen Kirchen, die ein mutiges Zeugnis im Kampf gegen Kolonialismus und Apartheid abgelegt haben, wurde als Ermutigung und Ansporn gefeiert. Auch heute – 40 Jahre nach der Veröffentlichung des „Kairos-Dokuments“, einem 1985 während der Apartheid an die Kirchen gerichteten Aufruf zum Handeln, der Gottes Ablehnung von Unterdrückung betonte und zum Engagement für soziale Gerechtigkeit aufrief – bleibt es Aufgabe der Kirchen, prophetisch gegen Ungerechtigkeit einzutreten und zur Heilung von Wunden beizutragen.
Insgesamt spiegelten die Vielzahl verabschiedeter öffentlicher Stellungnahmen und Protokollpunkte die Dringlichkeit und Komplexität der gegenwärtigen Herausforderungen wider. Es gab Statements unter anderem zu Sudan, Südsudan, Ukraine, Demokratischer Republik Kongo, Kolumbien, Syrien, Äthiopien und der Koreanischen Halbinsel.
Vier neue Mitgliedskirchen wurden begrüßt, darunter der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (BEFG). Weitere neue Mitglieder sind die Lutherische Kirche Christi in Nigeria, die Presbyterianische Kirche von Zentralafrika (Malawi) und die Internationale Apostolische Pfingstgemeinde (Liberia).
Fernando Enns nahm als Delegierter der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) teil. Er wurde vom ÖRK zum Sonderbeauftragten für den Friedensprozess in Kolumbien ernannt. Statt seiner wurde nun von der AMG Lydia Funck nominiert und vom Zentralausschuss in die internationale Referenzgruppe zum „Pilgerweg der Gerechtigkeit, Versöhnung und Einheit“ gewählt. Lydia Funck nahm an der Sitzung als Beraterin für Brot für die Welt teil.
Auch „Church and Peace“ war auf der Konferenz vertreten und hat dazu eine eigene Pressemeldung herausgegeben, zu finden unter https://www.church-and-peace.org/2025/06/stellungnahmen-des-zentralausschusses
Foto: Vertreterinnnen der historischen Friedenskirchen trafen sich zum Austausch. Thuli Mbete (Mitte) aus Südafrika nahm als Beraterin für die Quäker teil. (rechts: L Funck, links: F. Enns)