HAMBURG – Zu überraschenden gegenseitigen Schuldeingeständnissen zwischen Baptisten und Lutheranern kam es bei den Jubiläumsfeierlichkeiten vom 16. bis 19. April aus Anlass des 175-jährigen Bestehens der ältesten deutschen Baptistengemeinde, der Johann-Gerhard-Oncken-Gemeinde in Hamburg.  Sie war am 23. April 1834 offiziell gegründet worden, nachdem am Tag zuvor sieben Personen von dem amerikanischen Missionar und Pädagogen Prof.  Barnas Sears in der Elbe durch Untertauchen getauft worden waren. Unter den Täuflingen war auch der Begründer des Baptismus in Deutschland, der Verlagskaufmann Johann-Gerhard Oncken (1800-1884). Der Pastor der Gemeinde, Dietmar Lütz, wies darauf hin, dass die ersten Baptisten Fehler begangenen hätten. So sei der Name der ersten „Gemeinde gläubig getaufter Christen“ eine „arrogante Formulierung“ gewesen. „Wir haben so getan, als ob wir die einzig richtig getauften Christen sind“, sagte Lütz. Dies sei ein Unrecht gewesen. Heute erkenne die Oncken-Gemeinde die Taufe anderer Kirchen an. Man praktiziere eine Missionstaufe, aber keine „Übertrittstaufe“. In den meisten Gemeinden des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden wird die Kindertaufe dagegen als unbiblisch abgelehnt.

In einem Grußwort entschuldigte sich auch die Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Maria Jepsen (Hamburg), dafür, dass den Baptisten von ihrer Kirche in der Gründungsphase ebenfalls Unrecht widerfahren sei. Die Baptisten waren wegen ihres Glaubens zunächst immer wieder verfolgt und inhaftiert worden. Der frühere Generalsekretär des Baptistischen Weltbundes, Denton Lotz (Falls Church), rief in der Festpredigt zu mehr Missionsengagement auf. Die Welt habe sich seit damals zwar verändert, doch bis heute brauchten Menschen die Erlösung durch Jesus Christus. Grußworte hielten auch als Vertreter des katholischen Erzbistums Monsignore Wilm Sanders, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, Ruben Herzberg, wie auch der türkische Generalkonsul Bülent Gükay. Als Vertreter des Bundes Evangelisch-Freikirchlichler Gemeinden waren Präsident Immanuel Brandt (Hamburg) und Generalsekretärin Regina Claas (Elstal bei Berlin) zugegen. Auch Hamburger Landespolitiker nahmen am Festakt teil.

Wie Lütz gegenüber der Zeitschrift DIE GEMEINDE sagte, habe man bei den Feierlichkeiten ausdrücklich den weltweiten Charakter der baptistischen Bewegung unterstreichen wollen. Deshalb seien auch der Pastor der ältesten, 1792 gegründeten Baptistengemeinde auf dem afrikanischen Kontinent, Pastor Tannie Barbington Johnson (Freetowen/Sierra Leone), sowie der Präsident des ungarischen Baptistenbundes, Kalman Meszaros (Budapest), anwesend gewesen. Die Johann-Gerhard-Oncken-Gemeinde hat heute 250 Mitglieder. In Hamburg gibt es insgesamt 14 Baptistengemeinden mit rund 2.000 Mitgliedern.

von: Klaus Rösler / DIE GEMEINDE

One thought on “175 Jahre Baptisten in Hamburg: Lutheraner und Baptisten entschuldigen sich”
  1. Wenn man sich die mennonitische Geschichte anschaut, müssten die ja förmlich ertrinken in Entschuldigungs-Bitten.

    „In einem Grußwort entschuldigte sich auch die Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche“

    Wenn man sich gleich selber /entschuldigt/ ist das natürlich noch eleganter. ;-) Währe toll, wenn das mit Geldschulden auch funktionieren würde. Dann hätten sich die Banken auch schon längst selbst /entschuldigt/.

    Trotzdem: Nette Geste.

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