SCHMITTEN (VEF) � Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) hat sich eine neue Struktur gegeben: Sie ist nun ein eingetragener Verein. Bisher hatte sie keine Rechtsform. Das VEF-Pr�sidium fasste auf seiner Sitzung am 23. und 24. November in Schmitten-Dorfweil (Taunus) alle daf�r notwendigen Beschl�sse. Zum Pr�sidenten wurde f�r die dreij�hrige Amtsperiode der bisherige Amtsinhaber Siegfried Gro�mann (Seesen bei Hannover) gew�hlt. Gro�mann ist auch Pr�sident des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Br�dergemeinden). Stellvertreter wurde der Pr�ses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Peter Strauch (Witten). Als weitere Vorstandsmitglieder wurden die Bisch�fin der Evangelisch-methodistischen Kirche, Rosemarie Wenner (Frankfurt am Main), der Pr�ses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden, Ingolf Ell�el (Tostedt), sowie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden, Werner Funck (Enkenbach), gew�hlt. Das Pr�sidium wurde in eine Mitgliederversammlung umgewandelt.

Im Mittelpunkt der Beratungen stand die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland. Die Vertreter der zw�lf in der VEF zusammengeschlossenen Freikirchen mit 300.000 Mitglieder entschieden, alle auf dem Gebiet t�tigen Freikirchler st�rker zu vernetzen und auch verst�rkt politischen Einfluss zu nehmen.

In einem Impulsreferat hatte der fr�here Abgeordnete im Europaparlament, der Evangelisch-methodistische Krankenhausseelsorger Dr. Ulrich Meisel (Halle) erkl�rt, dass sich jedes gesellschaftliche Engagement von Christen auf Jesus Christus gr�nde. Sie seien durch die Bergpredigt aufgefordert, sich f�r die Geringen und Schwachen der Gesellschaft einzusetzen. Meisel: �Wenn Kirchen nur hingehen und das Evangelium weitersagen, verwirklichen sie den Missionsbefehl nur halb.� Deshalb m�ssten Christen auch gegen ungerechte Strukturen k�mpfen. Der aus der fr�heren DDR stammende Theologe erinnerte an das Leben in der DDR: �Die Lehre von Marx durfte nicht hinterfragt werden.� Doch die Lage in der heutigen Bundesrepublik unterscheide sich nicht grunds�tzlich von der in der DDR: �Wenn man Marx durchstreicht und durch Markt ersetzt, hat man eine �hnliche ideologische �berh�hung.� Doch dies sei G�tzendienst. Zugleich warnte Meisel vor der Gefahr eines gespaltenen Christentums. Im Familienleben achte man auf Gottes Gebote, gehe liebevoll miteinander um und verzichte gegebenenfalls aus Glaubensgr�nden auf den Konsum von Alkohol oder Tabak, doch in anderen Bereichen werde die Bibel au�er Kraft gesetzt. Dann verweise man darauf, dass im Bereich der Wirtschaft und der Finanzen nur deren eigene Gesetze gelten w�rden. Christen d�rften ein solches Verhalten nicht akzeptieren: �Wir m�ssen den Dialog einfordern.�

Meisel begr��te die von der neuen Bundesregierung vereinbarte �Reichensteuer� als ein Zeichen f�r mehr Solidarit�t in der Gesellschaft. Zugleich �bte er Kritik an der T�tigkeit der B�rsenmakler. Das Problem der Wirtschaft sei nicht, dass �wir zu wenig Geld verf�gbar haben, sondern zu viel�. Nur f�nf Prozent der an den Finanzm�rkten umgesetzten 1.200 Milliarden US-Dollar im Jahr seien eine Bezahlung f�r Waren und Dienstleistungen. 95 Prozent w�rden dagegen nur zur Spekulation eingesetzt. Meisel: �Damit wird heute das gro�e Geld gemacht.� Ferner schlug Meisel vor, dass Christen sich f�r mehr Steuerehrlichkeit in Deutschland engagieren sollten. Wer Steuern hinterziehe, m�sse st�rker als bisher bestraft werden. Einige der Thesen Meisels wurden in der Diskussion kritisch hinterfragt. Dennoch herrschte Einm�tigkeit in dem Entschluss, sich als Freikirchen verst�rkt f�r soziale Gerechtigkeit zu engagieren.

Kontrovers wurde die neue Loyalit�tsrichtlinie f�r die Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und im Diakonischen Werk diskutiert. Kritisiert wurde, dass nach dem Wortlaut der Erkl�rung Angeh�rige von Freikirchen nur unwichtige Stellen �bernehmen k�nnten, da sie in Aufgaben �der Verk�ndigung, Seelsorge, Unterweisung oder Leitung� nicht eingesetzt werden d�rften. Positiv wurde zur Kenntnis genommen, dass die EKD die Freikirchen in dem Text �berhaupt ber�cksichtigt hat. Der Beauftragte der VEF am Sitz der Bundesregierung, Dr. Dietmar L�tz, regte an, dringend den Kontakt mit der EKD zu suchen. Es m�sse erreicht werden, dass Angeh�rige von Freikirchen nicht zu Mitarbeitern zweiter Klasse in kirchlichen Einrichtungen degradiert werden.

Kassel, 25. November 2005
Autor: Klaus R�sler