Am 06.03.2023 zog Manuel Janz im Zoom zur mennonitischen Familiengeschichten die rund 30 Zugeschalteten in seinen Bann. Er war evangelischer Pfarrer und ist seit Kurzem im Ruhestand. Er nahm die Forschungsarbeit seines mennonitischen Vaters und Onkels wieder auf. Mit alten Dokumenten konnte er belegen, dass sein Vorfahre Dirk Jantz, geboren 1697 vermutlich in Schlubin an der Weichsel, nach seiner Taufe 1713 in der Mennonitengemeinde Montau mit weiteren jungen Männern und Familien nach Ostpreußen zog. Sie siedelten im Dorf Jedwilleiten in der Memelniederung, in der Nähe von Tilsit, heute im russischen Oblast Kaliningrad. Der Preußische König Friedrich Wilhelm I. hatte Siedler eingeladen und ihnen freie Religionsausübung und Freiheit vom Wehrdienst versprochen. Die Pest hatte nämlich 1709–1711 53 % der Bevölkerung im nördlichen Ostpreußen dahingerafft.

Anhand von Karten erläuterte Manuel Janz, woher die neuen Siedler kamen, besonders aus der Gegend von Graudenz (Gmde. Montau), Kulm (Schönsee und Przechowka) und Thorn (Obernessau). Zur ethnischen Herkunft dieser Mennoniten konnte er belegen, dass viele schon früh (ab 1530) aus Friesland zugewandert waren, wie wohl auch die Vorfahren von Dirk Jantz(en). Eine weitere recht große Gruppe täuferischer Migranten aber stammte ursprünglich aus der Schweiz und Süddeutschland und hatte sich ab 1530 in Mähren niedergelassen. Als es aber auch dort zu Verfolgungen kam (1547-45 versuchten viele, sich in Höhlensystemen vor Verfolgung zu verbergen) zogen viele Familien in mehreren Migrationswellen ins damals polnische Westpreußen. Einzelne Schicksale lassen sich aufgrund alter Kirchenbuchaufzeichnungen nachvollziehen, so z.B. von Tobias Schellenberger und Steffen Funk und ihren Nachkommen, die sich im Weichselraum und ab 1713 in Ostpreußen ansiedelten.

War die Anfangszeit für die Erstsiedler in der Memelniederung sehr mühsam – Neukultivierung  und Entwässerung der wüsten Felder – folgten einige Jahre wirtschaftlichen und geistlichen Aufschwungs. 1717 kam es zu einer Erweckung in der Mennonitengemeinde; rund 50 Nichtmennoniten kamen zum Glauben und ließen sich taufen. Um 1723 war die Zahl der Mennonitenfamilien auf 160 angewachsen. Dann kam es jedoch zu Konflikten mit der Obrigkeit. Der Preußische „Soldatenkönig“ wollte die Mennoniten zum Militärdienst zwingen, was diese verweigerten. Als Konsequenz wurden die Mennoniten 1724 des Landes verwiesen Viele suchten in ihren Herkunftsregionen notdürftig Unterkunft; 40 mittellose Familien konnten unter dem Schutz eines Adelsherren in Ostpreußen bleiben.

Als aber 1732 die evangelischen Salzburger Glaubensflüchtlinge ins Land kamen, wurden die Mennoniten, die weiterhin den Militärdienst verweigerten, erneut vertrieben.  25 Familien fanden 1732-39 Unterschlupf in Holland (Wageningen und Insel Walcheren).Mit Friedrich dem Großen, der 1740 den Thron bestieg, änderte sich die preußische Religionspolitik radikal, die Täufer erhielten ihre alten Privilegien zurück.  Viele Mennonitenfamilen siedelten sich wieder in Ostpreußen an.

 Ab 1789 folgten viele der Einladung von Katharina der Großen von Russland und schlossen sich der Auswanderungswelle in die Region Chortiza an, heute in der Ukraine. Die Nachkommen von Dirk Jantz blieben. Seine Söhne, zuerst Heinrich, dann Dietrich junior, dienten der Mennonitengemeinde in der Memelniederung als Älteste. Ab 1920 schlossen sich viele einer neu entstandenen Pfingstgemeinde an. Vertreibung und Flucht 1944/45 beendeten die über 400-jährige Geschichte der Familie Jantz(en) und ihrer Glaubensgenossen in West- und Ostpreußen.

Wer weitere Informationen möchte, wendet sich an Manuel Janz <Manuel.Janz@gmx.de> oder besorgt sich das Buch von Erwin Wittenberg und Manuel Janz: Die Mennonitengemeinde im nördlichen Ostpreußen – Geschichte und Genealogie 1711–1944, erschienen 2022 in der Schriftenreihe des Mennonitischen Geschichtsvereins. https://www.mennonitischer-geschichtsverein.de/die-mennonitengemeinde-im-noerdlichen-ostpreussen/

Am Montag, dem 03.04.2023, wird Herbert Holly über die Wanderungsgeschichte der amischen Familie Holly von Oberdiessbach im Emmental bis zum Ende der amischen Gemeinde München berichten. Herbert Holly forschte in vielen Archiven und arbeitete mit vielen Familienforschern zusammen, um die Geschichte seiner Familie zu rekonstruieren. Durch Heiraten ist die Familie Holly verbunden mit anderen großen amischen Familien wie Unzicker, Gingerich und Esch.

Wie immer von 19:30 – 21 Uhr, Einwahl über https://www.mennonitischer-geschichtsverein.de/mennonitische-familienforschung-per-zoom/

Elisabeth Kludas / MGV