Der südkoreanische mennonitische Friedensaktivist Sang Min Lee ist am 14. August 2022 bei einem Fahrradunfall ums Leben gekommen. Bruno und Heidi Sägesser-Rich erinnern an ihn.

Sang Min Lee (3. Jan. 1987- 14. Aug. 2022)

In den Jahren 2014/15 hörten wir über mennonitische Nachrichten zum ersten Mal vom jungen Mennoniten Sang Min Lee aus Südkorea. Damals war er im Gefängnis, weil er aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigert hatte. Dies war für ihn keine leichte Entscheidung. Er wollte die Ausbildung zum Sozialpädagogen machen, doch dies war ihm damals als Kriegsdienstverweigerer verwehrt worden. Außerdem stand darauf eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten. Unterstützung erhielt er nur von wenigen Menschen. Obwohl ihn dies in große seelische Nöte brachte, rang sich Sang Min zu diesem Entscheid durch. So war er 2014/2015 im Gefängnis in Seoul. Da wir 2015 im Juni und Juli in Korea zu Besuch waren, hatten wir am 19. Juni 2015 die Möglichkeit, Sang Min im Gefängnis zu besuchen. Unterstützt wurden wir dabei vom Korea Anabaptist Center (KAC), besonders von Kyong-Jung Kim. Zehn Minuten durften wir durch eine vergitterte Sicherheitsscheibe, über ein Mikrofon, mit ihm reden. Nach genau zehn Minuten wurde das Mikrofon stummgestellt. Kurz davor konnte Kyong Jung noch mit Sang Min beten. Dann war der Besuch zu Ende. Wir waren erschüttert.

Im Juli 2015 wurde am Jugendgipfel der Mennonitischen Weltkonferenz in Pennsylvania und an der Hauptversammlung darüber informiert, dass Sang Min Lee als Mennonit wegen seiner Kriegsdienstverweigerung für 18 Monate in einem Gefängnis in Seoul sitzt. Viele Teilnehmende der Konferenz sandten Sang Min Lee Gruss- und Ermutigungs-Karten. Vier unserer Kinder waren in Pennsylvania dabei und waren von Sang Min Lees Geschichte tief bewegt und beeindruckt.

Der Weg von Sang Min ging uns zu Herzen und verband uns sehr mit ihm. Wir bewunderten seinen Mut. Im Jahr 2018 konnten wir erneut einige Wochen in Südkorea verbringen. Wir hatten den Wunsch, Sang Min nun nach seiner Gefängniszeit zu treffen. Dies war möglich und wir trafen ihn bei einer Tasse Kaffee. Er wirkte fröhlich. Im Gespräch erfuhren wir, dass er nun in einem Fahrradgeschäft arbeite. Er sagte uns aber auch, dass er kaum über seine Kriegsdienstverweigerung reden würde, aus Angst, weitere Verletzungen ertragen zu müssen.

Sang Min vermittelte uns 2018 den Kontakt zu Song Kang-ho (Brother Song), seinem Schwiegervater, dem Leiter der Frontiers. Brother Song hatte in Heidelberg Theologie studiert und in der Hausgemeinschaft Bammental Mennoniten getroffen, die ihn sehr prägten.

Sang Min starb im 36. Lebensjahr bei einem Fahrradunfall und hinterlässt seine Frau Song Sem und den dreijährigen Sohn Seo-Jin Lee. Wir trauern mit und wollen Sang Min als friedensbewegten Glaubensbruder in guter Erinnerung halten.

Bruno und Heidi Sägesser-Rich

Meldungen von 2015:
https://www.mennonews.de/archiv/2015/08/20/sang-min-lee-wieder-in-freiheit/
https://mwc-cmm.org/ja/node/373?language=ja