Reformationsjubiläum: Impuls erinnert an die Täufer – Moltmann: Die einzige Reformationsbewegung „allein aus dem Glauben“
Die friedlichen Täufer waren die einzige Reformationsbewegung „allein aus dem Glauben“. Davon ist der evangelische Theologe Jürgen Moltmann überzeugt. Mit Blick auf das Wort des Propheten Jesaja von den Schwertern zu Pflugscharen hätten sich die Täufer auf ihre Bruderhöfe zurückgezogen und hätten nur noch mit Pflugscharen zu tun haben wollen, während die Lutheraner aus den Schwertern „christliche Schwerter“ gemacht hätten, mit denen sie auch rechtmäßig Kriege führen konnten, wie sie in der lutherischen Bekenntnisschrift, der Confessio Augustana, betonten, so Jürgen Moltmann in einem Impuls des AGDF-Projektes „Reformation heute – Gewalt absagen und Frieden wagen“.
In der heutigen Zeit vermisst der 91-jährige Theologe, der bis zu seiner Emeritierung 1994 den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen innehatte, Menschen, die wieder aus Schwertern Pflugscharen machen würden. „Die Kriegsindustrie in Friedensindustrie umgestalten und aus Stahlhelmen Kochtöpfe machen“, wie er es in dem Impuls beschriebt. Denn das Reich Christi sei nicht nur ein friedliches, sondern zuerst ein friedenschaffendes Reich. Moltmann: „Jesus preist nicht die Friedlichen selig, sondern die Friedensstifter.“
Die Täufer, der „linke Flügel der Reformation“, sei im 16. Jahrhundert sowohl von katholischen wie protestantischen Obrigkeiten verfolgt worden und hätten als Ketzer gegolten, so Jürgen Moltmann. Während die Reformatoren in der Tradition der christlichen Staatsreligion geblieben seien, hätten die Täufer die Kindertaufe und den Wehrdienst abgelehnt, ebenso den Eid und die Teilnahme an weltlicher Obrigkeit. Der evangelische Theologe erinnert in seinem Impuls an Michael Sattler, einen der Märtyrer der Täuferbewegung, der wegen seines Glaubens 1527 hingerichtet wurde. Die Tradition der Täufer werde heute von den historischen Friedenskirchen bewahrt.
Zwar hätte der Lutherische Weltbund vor Jahren die Mennoniten um Vergebung für die Verdammungen und Verfolgungen der Reformationszeit gebeten. Diese Geste hätte aber auch eine Konsequenz haben müssen, nämlich die Revision des Augsburgischen Bekenntnisses mit der Verdammung der Wiedertäufer, mahnt Jürgen Moltmann. Dies stehe noch aus, so der Theologe.
Der Impuls „Reformation – allein aus dem Glauben“ ist der siebte Beitrag eines von der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) am Reformationstag 2016 gestarteten Projekts „Reformation heute – Gewalt absagen und Frieden wagen“, mit dem die AGDF einen Beitrag zum Reformationsjubiläum leisten, sich kritisch mit der reformatorischen Geschichte auseinandersetzen und dabei einen Fokus auf Gewalt und Gewaltfreiheit legen will. Die Impulse, die dazu veröffentlicht werden, sollen Denkanstöße für eine weitere Diskussion sein.
Der Beitrag „Reformation – allein aus dem Glauben“ von Professor em. Dr. Jürgen Moltmann findet sich auf der Homepage der AGDF (www.friedensdienst.de). Dort stehen auch die weiteren bereits erschienenen Beiträge dieses Reformationsprojektes der AGDF.