„Menschen zu töten, weil sie böse sind, kommt für Christen nicht in Frage“ (Joel Driedger in DIE BRÜCKE 3/11 S.22-23)
Die amerikanischen Medien überschlagen sich mit Jubelmeldungen. Selbst die deutsche evangelische Allianz spricht bei der Tötung Bin Ladens von einer „Gute(n) Nachricht für Christen und gemäßigte Muslime“ (zur EAD-Meldung) – lediglich der Vatikan mahnt „Ein Christ sollte niemals den Tod eines Menschen begrüßen“ In der aktuellen BRÜCKE-Ausgabe schreibt Joel Driedger zwar zum Einsatz in Libyen, die Aussagen lassen sich aber auf andere Konflikte und den „Kampf gegen den Terror“ übertragen.
Wie denken Sie darüber? Gerne bieten wir auf Mennonews und in der BRÜCKE Platz für Meinungen und Kommentare. Schreiben Sie uns!
Hallo Benji, gut dass du den Artikel der Ev. Allianz weitergegeben hast. Ich hab dazu einen Kommentar an die Allianz geschickt, aus dem ich hier mitteile. Schalom! Wolfgang
> > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
… Wie kommt der als Menschenrechtsexperte bezeichnete Thomas Schirrmacher darauf, der Tod bin Ladens sei „gute Nachricht“ für wen auch immer. Gute Nachricht, das ist doch für uns Christen und wohl auch für christliche Minderheiten in islamischen Ländern die Nachricht von Jesus Christus, seinem Leben, seinem Gehorsam bis in den Tod, seiner Auferstehung und Erhöhung zur Rechten Gottes. Das nennen wir doch seit der frühen Kirche Evangelium = Gute Nachricht.
Wer lässt sich denn den Terror „gefallen“? Als hätte vor dieser Kommandoaktion, noch nie jemand was gegen den Terror getan.
Wenn nicht bin Laden, sondern „Gott und niemand sonst … der Herr über Tod und Leben“ ist, warum mussten die Amerikaner dann im Falle bin Ladens nachhelfen? Warum haben sie ihn nicht festgenommen?
Woher nimmt Stephan Holthaus von der Freien Theologischen Hochschule Gießen die Gewissheit, „die gezielte Tötung eines Verbrechers … als letzte Möglichkeit sei … ethisch legitim …, wenn alles andere ausgeschlossen oder nicht praktikabel sei … wenn dadurch größere Gefahr für Leib und Leben anderer abgewendet werden kann und die Entscheidung darüber nicht aus niederen Motiven geschieht.“ Wieso ist denn nach Holthaus „im Fall Osama bin Laden … dieser Umstand gegeben“? Inzwischen wissen wir, dass bin Laden unbewaffnet war.
Mit dem Evangelium hat solche Ethik nichts zu tun. Jesus hat anders von solchen „ethischen Grenzfällen“ gesprochen. Er hat uns befohlen, die Grenzen von Hass, Rache und Gewalt überschreiten: „Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet …“. Mt 5, 44f.
Die konstantinische Allerweltsethik, die Schirrmacher und Holthaus propagieren, veranlasst Jesus zu der Rückfrage „Tun das nicht auch die Heiden?“ Mt 5, 47.
Es ist keinesfalls „der Gerechtigkeit Genüge getan worden“, wie Obama zitiert wird, nicht einmal nach menschlich juristischen Maßstäben. Verbrecher werden normalerweise nicht einfach so getötet, sondern gefangengenommen und vor Gericht gestellt. Schon gar nicht wurde der von Jesus vorgelebten Gerechtigkeit Genüge getan. Er mutet uns diese größere Gerechtigkeit des Reiches Gottes als Handlungsmaxime zu. Wenn wir nach dieser trachten, wird uns alles andere zufallen. Mt 6, 33.
Gut, dass wenigstens der Vatikan verlauten lässt: „Ein Christ sollte niemals den Tod eines Menschen begrüßen.“
Ich schäme mich für solche „Evangelikale“. Welche Chance für ein öffentliches Zeugnis für das Evangelium haben sie verstreichen lassen!
Ich bin zutiefst geschockt von der Reaktion der Tötung von Bin Laden. Zum einen habe ich meine verfassungsrechtlichen Bedenken, wie man seine Freude zum Ausdruck bringen kann, wenn Tötung (außer im Kriegsfall) bei uns komplett verboten ist. Zum anderen sind wohl noch nicht alle Tatsachen veröffentlicht, was tatsächlich geschehen ist. Ich möchte es mir gar nicht ausmalen, was es bedeuten würde, wenn ein fremdes Land in USA einen Amerikaner umbringt, weil dieser etwas Schlimmes getan hat. Ein undenkbares Szenario, was umgekehrt aber politisch schöngeredet wird. Das ist für mich unfassbar.
Unabhängig von diesen Gründen sehe ich als Christ keinen Grund zur Freude. Ist tatsächlich mit Bin Laden der Terror vorbei? Hat sich was geändert? Oder hat man nur das „Schwarze Schaf“ geschlachtet, damit Leute emotional triumphieren können? Das Ganze kommt mir eher wie ein Gladiatorenspiel der römischen Zeiten vor. Die Blutrunst des Volkes wird in einer Person gebündelt. Als Christ stelle ich mich entschieden gegen jegliche Tötung, auch die von Osama Bin Laden. Leben ist von Gott gegeben und heilig.