TANGALLE/Sri Lanka. – Karunaratne, ein erfahrener Geschäftsmann aus Sri Lanka, versorgt das „Ten Thousand Villages“-Programm des Mennonite Central Committee (MCC) mit Kunsthandwerksgegenständen. Jetzt setzt er sein Know-how und seine Beziehungen im internationalen fairen Handel dazu ein, Frauen beim Aufbau eines Unternehmens zu helfen, das Einkaufs- und andere Taschen aus Stoff für den europäischen Fair-Handels-Markt produziert.

Das MCC stellt etwa 30 000 US$ (ca. 25 000 €) bereit, um die Entwicklung dieses und anderer Unternehmen für Tsunami-Opfer in Sri Lanka zu fördern.

An der Südküste Sri Lankas, in einem Zentrum für Menschen, die vor der Flutwelle am 26. Dezember 2004 geflüchtet sind, sitzt Modestus Karunaratne mit drei Näherinnen zusammen, die bei dem Tsunami ihre Häuser und ihr Hab und Gut verloren haben.

Karunaratne und die Näherinnen versuchen gemeinsam, die Zeichnungen und Anleitungen der Designer für das Nähen der Taschen zu verstehen. Es wird deutlich, dass sie eine Nähmaschine benötigen, mit der man applizieren kann. Karunaratne verlässt kurz den Raum, um zu telefonieren, und kommt schon wenige Minuten später mit der Nachricht zurück, dass er die benötigte Maschine bekommen wird.

Fragen stellen sich. Sollen die Näherinnen Stoff von genau der Art und Farbe verwenden, die in den – mit Stoffproben versehenen – Beispielen dargestellt wird, oder nur einen ähnlichen? Karunaratne führt ein paar Telefonate mit dem in Tokio angesiedelten Designer und gibt die Antworten weiter.

„Haben Sie zum ersten Mal mit Stoff zu tun?“, wird Karunaratne von einer Frau gefragt, die weiß, dass er in seinem Geschäft kunsthandwerkliche Gegenstände aus Holz vermarktet.

„Ich bin ein blutiger Laie“, erwidert er. Aber das Lächeln, mit dem er das sagt, zeigt, dass er die Situation genießt. Er setzt seine bewährten Fähigkeiten als Geschäftsmann für eine Unternehmensgründung ein, von der er hofft, dass sie ein gewisses Maß an Sicherheit und Sinn in das Leben dieser Tsunami-Opfer bringen kann, von denen viele nicht nur ihre Häuser, sondern auch Angehörige verloren haben.

Karunaratne und sein Bruder Shiran betreiben gemeinsam die Firma „Gospel House Handicrafts Ltd.“, ein Fair-Handels-Unternehmen mit über 70 Mitarbeiter/innen, das farbiges Holzspielzeug und Möbel von Hand fertigt. „Gospel House“ ist seit 1976 Partner von „Ten Thousand Villages“.

Die Firma entstand aus dem Traum des Vaters der beiden, Einkommenschancen für andere Christen in der Ortschaft Madampe zu schaffen, von denen viele arm und arbeitslos waren. Unter den 20 Millionen Sri-Lankern sind die Christen eine Minderheit von 8 %.

Karunaratne, der die gemeinnützige Stiftung „Community Restoration and Upliftment Foundation“ (CRUF) zur Durchführung von Projekten für Tsunami-Opfer ins Leben gerufen hat, teilt die Hinwendung seines Vaters zu den Nächsten in Not. Drei Tage nach der Flutwelle an der Küste Sri Lankas reiste Karunaratne in die betroffenen Gebiete – mit zwei Lastwagen voller Nahrungsmittel und Hygieneartikel für die Opfer sowie einem Arzt, der eine Klinik zur Versorgung der Verletzten einrichtete.

Parappuwa ist ein Zentrum für Menschen, die vor der Flutwelle geflüchtet sind. Es liegt an der Südküste, unweit von Tangalle Bay. Dort fand Karunaratne 212 Familien aus nahe gelegenen Fischerdörfern vor, die ihr Zuhause verloren haben. Ein Fischer, Hemantha, hatte sein Kanu durch den Tsunami verloren. Dieses Glasfaserkanu hatte Hemantha selbst gebaut; er hatte auch Boote für seine Freunde gebaut. Bei der siebenstündigen Heimfahrt wurde Karunaratne klar, dass Hemanthas Fähigkeiten ein Potenzial für den Neuanfang der nun bootlosen Fischer darstellen.

Karunaratne holte beim Fischereiministerium die entsprechende Genehmigung ein. Schon bald kam ein Projekt zur Fertigung von Glasfaserkanus zustande. Hemantha gab sein Know-how an andere weiter. Die neu ausgebildeten Bootsbauer nannten ihren Arbeitsplatz „Tsunami-Bootswerft“.

„Jeder Fischer will wieder aufs Meer zurück“, sagt Karunaratne.

Nachdem die neuen Kanus am 18. März in Betrieb genommen wurden, liefen die Dorfbewohner/innen den heimkehrenden Booten entgegen, um den Fang zu begutachten. Sofort erhielten die Fischer Angebote von den örtlichen Fischhändlern. Einige verkauften ihre Fische, andere gaben sie ihren Kindern für zu Hause mit.

Das ganze Frühjahr über wurde die Arbeit von CRUF um neue Projekte erweitert – beispielsweise Spinnmaschinen, damit die Frauen wieder Fäden aus Kokosfasern herstellen und vermarkten können; frisches Gemüse und Trockenfisch, um die eintönige Nothilfe-Ernährung aus Linsen und Reis zu aufzubessern; sowie Uniformen, Schuhe und Material für Schulkinder. Und die Planungen für die Herstellung von genähten Produkten für den globalen Fair-Handels-Markt wurden weiterentwickelt – vorangetrieben von Karunaratnes jahrzehntelanger Geschäftserfahrung, von seinen Kontakten und seiner Bereitschaft, für andere da zu sein.

Quelle: MCC Pressedienst
Autorin: Emily Will hat von Januar bis April 2005 als Autorin für das MCC in Indonesien gearbeitet.