Im Juli gab es einen weiteren Abend zur Familienforschung per Zoom, angeboten vom Mennonitischen Geschichtsverein. Im Oktober steht der nächste Abend an.

Am Montag, dem 04.07.2022, teilte Jean Hege seinen Wissensschatz um den Hof Schafbusch im Elsass, der zur Kommende des Deutschherrenordens in Wissembourg gehörte. Ab 1695 kamen Mennoniten aus der Schweiz in die Region, ins nahe Riedseltz zunächst eine amische Familie Gingerich. 1698 kam eine Familie Dettweiler auf den Dieffenbacherhof, der ebenfalls im Besitz des Deutschherrenordens war, und auf den Schafbusch eine Familie Schowalter aus Strengelbach bei Zofingen im Aargau. Die Schowalters waren etwa 80 Jahre Pächter. Der Hof von über 80 Hektar war immer an zwei Pächter verpachtet. Die Felder waren auf drei Dorfgemeinden verteilt, Steinsetz, Riedseltz und Altenstadt, was ab etwa 1770 erhebliche Probleme mit Zöllen nach sich zog und den Pächter Heinrich Hirschler (1734-1799) mehrfach ins Gefängnis brachte, aus dem die Deutschordensherren ihn wieder lösten. Erster Prediger der Mennonitengemeinde Schafbusch war ab 1716 Johannes Krehbiel aus Niederroedern, ab etwa 1730 Johannes Buckholder vom Schafbusch. Das erste Kirchenbuch von 1792 bis 1799 betraf die Höfe Schafbusch, Haftelhof und Schloss Niederroedern. Das zweite ab 1855 wurde bis 1945 auf dem Deutschhof weitergeführt, ein drittes seither von der jetzt Geisberg genannten Gemeinde im seither französischen Elsass.

Johannes Müller von Gerolsheim kam um 1750 auf den Schafbusch und teilte sich die Pacht mit den Schowalters. Er verkehrte viel mit dem Pietisten Peter Weber, seine Briefe sind auf dem Weierhof aufbewahrt. 1762 kamen drei Schweizer Älteste (Peter Ramseyer, Peter Oberle, Jakob Marti) auf den Schafbusch, um den ausgelösten Unfrieden zu schlichten, was schließlich 1775 zwei deutschen Ältesten (Joseph Schnebele von Zweibrücken und Christian Hege vom Branchweilerhof) gelang, so dass Johannes Müller wieder in den Predigerdienst eingesetzt wurde. 1848-1865 waren keine mennonitsichen Pächter auf dem Schafbusch, so dass auch die mennonitischen Gottesdienste dort endeten. 1865-1906 war die Familie Hirschler Pächter des Schafbuschs.

1912 kam der Prediger Peter Hege vom Branchweilerhof mit seiner Frau Lina Hege vom Oberbiegelhof auf den Schafbusch. 1914 wurde er zum deutschen Militär in den 2. Weltkrieg eingezogen. Er starb in Sibirien. Sein junger Sohn Philipp Hege (1899-1979) bewirtschaftete den Schafbusch zunächst mit seiner Mutter, beraten durch die Verwandten vom Mückenhäuserhof, dann zusammen mit seiner Frau Emma Hirschler (1897-1983) vom Geisberg. Die Familie hatte 16 Kinder (darunter Jean Hege) und entwickelte den Schafbusch zum viel beachteten Mustergut mit Versuchsfeldern. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen. Im September 1939 mussten wegen des 2. Weltkrieges die Schafbuscher und sämtliche Mitglieder der Mennonitengemeinde Geisberg für ein Jahr in die Haute-Vienne in Zentralfrankreich. Nach Rückkehr wurde 1942 das beschädigte Wohnhaus mit Hilfe des deuschen Reichsarbeitsdienstes repariert. Im Winter 1944 floh die ganze Familie nach Willenbach zur Familie Landes und weiter zum Lautenbacherhof, wo der Sohn Uli durch eine Panzerfaust ums Leben kam. 1945-1954 baute die Familie Hege den weitgehend zerstörten Schafbusch wieder auf. Jean Hege schloss mit einem Foto des Familientreffens von 2012 mit 339 Nachkommen von Peter und Lina Hege, insgesamt gab es einschließlich der Urururenkel 449 Nachkommen.

Die Geschichte der Familie Hege: „Ein Hof, zwei Kriege, drei Generationen“ in deutsch, französich und englisch ist für 10 € erhältlich bei Jean Hege jeanhege@vialis.net , auch seine Notizen zum Vortrag. Eine Aufzeichnung des Abends ist nach dem Schneiden des Films erhältlich bei Astrid von Schlachta astrid.von-schlachta@posteo.de .

Nach der Sommerpause, am Montag, dem 03.10.2022 macht Rosalind Beiler auf mehrfachen Wunsch einen Workshop zum Lesen und Abschreiben alter Handschriften. Ihre Idee ist, das Zooniverse-Projekt PRINT vorzustellen, an dem ihre Uni arbeitet, einige Tipps zum Transkribieren von Briefen zu geben und gemeinsam als Gruppe an einem Brief zu arbeiten. Für das PRINT Projekt schreiben Freiwillige Briefe aus dem frühen Amerika ab, um Einblick in das Leben, die Religion, die Netzwerke und den Handel der Zeit zu gewinnen. Es kann auf Deutschland ausgeweitet werden und wer möchte, kann sich beteiligen. https://www.zooniverse.org/projects/printmigrationnetwork/print

Wie immer von 19:30 – 21 Uhr
Einwahl über https://www.mennonitischer-geschichtsverein.de/mennonitische-familienforschung-per-zoom/