WIEN – Unter dem Thema „Die Bruderliebe soll bleiben“ (Heb 13,1) laden die Katholische Erzdiözese Wien und der Bruderhof am Gutshof, Retz am 20. November in den Stephansdom in Wien ein. Zu einer Andacht von 16:15 Uhr bis 17:00 Uhr, im Anschluss Agape im Hof des Erzbischöflichen Palais. Um 13:00, 14:00 und 15:00 Uhr gibt es jeweils Führungen durch die Täuferausstellung „Brennen für das Leben“ im Dom.

Es ist rund 500 Jahre her, dass die Täuferbewegung in Mitteleuropa ihren Anfang nahm. Die von den Täufern vertretene radikale Christus Hingabe, die beim Großteil der Bewegung auch im Grundsatz absoluter Gewaltlosigkeit zum Ausdruck kam, hat die staatliche wie die kirchliche Obrigkeit empfindlich erschüttert und wurde mit erbitterter Feindschaft quittiert. Schon 1526 wurde über Täufer erstmals die Todesstrafe verhängt. In den Jahrzehnten darauf starben auch in Wien viele Täufer – Männer wie Frauen – den Märtyrertod: auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder in der Donau ertränkt.

Während die Täufer zunächst trotz allem rasch an Zahl zunahmen, obsiegten letztlich ihre Verfolger: Der Grundsatz „Cuius regio, eius religio“ machte sie mangels eines täuferischen Landesherren überall heimatlos. Die Erinnerung an die österreichischen Täufer wurde aus dem historischen Gedächtnis des Landes fast vollständig gelöscht.

Erstmals in der Geschichte Wiens veranstalten nun die Katholische Kirche und eine täuferische Lebensgemeinschaft gemeinsam eine Andacht im Stephansdom zum Gedächtnis der Opfer der Täuferverfolgung.

In einem gemeinsamen Schreiben formulieren Christoph Kardinal Schönborn aus Wien und J.Heinrich Arnold, vom Bruderhof am Gutshof Retz:

„Wir wollen diese Andacht mit Menschen unterschiedlichster christlicher Kirchen als Fest des Miteinander in geschwisterlicher Wertschätzung und in tiefer Freundschaft feiern. Dadurch können wir das Vegangene nicht ungeschehen machen, aber wohl der Heilung der Erinnerung dienen. Gerade weil wir in den ungleichen Traditionen von Verfolgern und Verfolgten stehen, kann uns das gemeinsame Gedenken frei machen für die ungetrübte Liebe zueinander. Es ist ein Dienst, der von allen Demut verlangt: auf der einen Seite Reue, auf der anderen Seite Großherzigkeit

Dabei begegnen wir uns dann nicht mehr als von „der einen“ oder von „der anderen“ Seite, sondern schlicht und einfach als Schwestern und Brüder: als Christen, die trotz der Last der Geschichte und aller theologischen Unterschiede zueinander gefunden haben und die voneinander lernen wollen, wie wir heute Jesus Christus treu dienen können. In diesem Sinne freuen wir uns darauf, am 20. November 2021 mit möglichst vielen Menschen aller christlichen Bekenntnisse des Vergangenen zu gedenken und unsere gemeinsame Hoffnung zu feiern.“

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