HAMBURG – Die Täuferbewegung bildete neben der Wittenberger und der Schweizer Reformation die dritte reformatorische Strömung – ihr Einsatz für Ideale wie Religionsfreiheit und Gewaltlosigkeit hat bis heute Einfluss auf Kirche und Gesellschaft. Die Initiative „Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025“ möchte in fünf Themenjahren mit einem Blick auf täuferische Werte und Tradition das „Heute und Morgen gestalten und ökumenische Impulse setzen“. Den Auftakt bildet ein Gottesdienst am 10. Oktober in der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona.

In seinem Grußwort zur Initiative hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Relevanz täuferischer Ideale beschrieben: „Jeder soll hier nach seinem Glauben leben können und dürfen – ohne Angst, aber auch ohne Machtanspruch. Dass dieses Verständnis von Religionsfreiheit heute Grundlage unseres Zusammenlebens ist, dazu hat auch die täuferische Tradition beigetragen mit ihrem Beharren auf der Freiheit des Einzelnen, der Begrenzung staatlicher Macht in Glaubensfragen und der Ablehnung von Gewalt.“

Der Initiative gehe es darum, aus der Geschichte für den Glauben und das gesellschaftliche Engagement heute zu lernen, wie die 1. Vorsitzende des Vereins „500 Jahre Täuferbewegung“, die Mennonitin PD Dr. Astrid von Schlachta, betont: „500 Jahre Täuferbewegung lehren uns: Um authentisch Glauben zu leben, muss Altes hinterfragt und Neues gewagt werden – mündig, frei und souverän, in der Verantwortung vor Gott und den Menschen, immer wieder aufs Neue.“ Weil die Täufer in ihrem Einsatz sehr mutig gewesen seien, habe man über alle fünf Themenjahre die Überschrift „gewagt!“ gesetzt, erklärt der 2. Vereinsvorsitzende, der Baptist Dr. Andreas Liese: „Die Täufer und Täuferinnen haben es gewagt, gegen große Widerstände nach ihrem Gewissen und entsprechend ihrer biblischen Erkenntnis zu handeln.“ Unter der Überschrift „gewagt!“ geht es in den Themenjahren um „mündig leben“ (2020), „gemeinsam leben“ (2021), „konsequent leben“ (2022), „gewaltlos leben“ (2023) und „Hoffnung leben“ (2024). Für das Jahr 2025 sind mehrere Gedenkveranstaltungen geplant, die an die erste täuferische Glaubenstaufe 1525 in Zürich erinnern.

Das Spektrum täuferischer Kirchen ist weit. Zwei von ihnen laden gemeinsam mit dem Verein sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zum Auftakt in Hamburg ein: Die Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) und der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (BEFG), zu dem Baptisten- und Brüdergemeinden gehören. Während die Mennoniten geschichtlich unmittelbar zur Täuferbewegung gehörten, sind die Baptisten im Zusammenhang mit der englischen Reformation zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden, zählen aber zu den täuferischen Kirchen.

Für die AMG-Vorsitzende Doris Hege sind 500 Jahre Täuferbewegung „ein guter Grund, sich mit den Anliegen der Bewegung zu befassen. Es geht nicht darum, im Rückblick manches zu verklären, sondern erneut diese Themen – wie den Einsatz für Frieden – zu unseren zu machen.“ Sie freue sich, so Hege, dass „dieses Gedenken auf so breite ökumenische Basis gestellt werden konnte.“ Auch für BEFG-Präsident Michael Noss geht es darum, „die Gegenwart zu begreifen und zu überlegen, was die Grundwerte unserer Überzeugung für die Zukunft bedeuten.“ Dies gelte „besonders für die Glaubens- und Religionsfreiheit, die immer wieder, durch Aus- und Abgrenzung, auf dem Prüfstand steht.“ Für die Themenjahre wünscht er sich, dass sie „ein friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen und Glaubensüberzeugungen stärken und in eine ökumenische Weite führen.“

Diese ökumenische Weite ist auch für den ACK-Vorsitzenden, Erzpriester Radu Constantin Miron, unerlässlich. Das „nicht von ungefähr mit Ausrufungszeichen versehene ‚gewagt!‘“ unterstreicht für ihn das Anliegen der multilateralen Ökumene: „Offensichtlich brauchen wir in der Kirche – und in der Ökumene! – diesen unbefangenen Wagemut, weiter Schritte auf dem Weg zu unserer Einheit zu tun!“

„Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung“ lädt zu einem fünfjährigen gemeinsamen Weg ein, über Geschichte, Erinnerung, Tradition und Erbe nachzudenken, um das Heute und Morgen zu gestalten und ökumenische Impulse zu setzen. Begleitet wird das Nachdenken durch jährlich erscheinende Broschüren, die in Gesprächs- und Hauskreisen, Gemeinden, ökumenischen Gremien und Bildungseinrichtungen zu Diskussionen über das jeweilige Jahresthema anregen sollen. Ausstellungen, Materialien für Schule und Bildungsinstitutionen sowie Tagungen werden die Auseinandersetzung mit den zurückliegenden 500 Jahren täuferischer Geschichte illustrieren und vertiefen. Weitere Informationen: www.taeuferbewegung2025.de.

Die Eröffnung des Täufergedenkens findet am 10. Oktober in der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona, Mennonitenstraße 20, 22769 Hamburg statt. Los geht es um 17:00 Uhr mit einer Podiumsdiskussion, bei der Vertreterinnen und Vertreter von Freikirchen mit dem Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, MdB Markus Grübel, diskutieren. Nach einem Empfang um 18:30 Uhr folgt um 19:30 Uhr der Ökumenische Eröffnungsgottesdienst. Vertreterinnen und Vertreter der Presse werden gebeten, sich bei BEFG-Pressesprecher Dr. Michael Gruber (mgruber@befg.de) zu akkreditieren. Die Eröffnung wird auch per Livestream übertragen (Gottesdienst: www.baptisten.de/livestream-auftakt-500 – Podiumsdiskussion per Zoom: https://t1p.de/j903 )

2 Kommentare zu “Auftakt zu fünf Themenjahren zur Täuferbewegung”
  1. Korrektur: Die Baptisten zählen nicht zu den täuferischen Kirchen, sondern sind erst gut hundert Jahre nach der Entstehung der Täuferbewegung gegründet worden. Das sollte man vielleicht manchmal etwas deutlicher formulieren, um keine Missverständnisse zu erzeugen. Im Englischen findet sich der Gegensatz Anabaptists (Täufer) und Baptists (Baptisten).

  2. Gehören die Baptisten zu den Täufern oder der Täuferbewegung? Nicht wenn das Bezeichnungen sind für die historische Bewegung, die im 16. Jahrhundert entstand und in verschiedenen Ausprägungen bis heute überlebt. Ich würde die Baptisten aber doch zu den täuferischen Kirchen zählen, denn sie haben im Kontakt mit niederländischen die Kritik an der Babytaufe aufgenommen und taufen seitdem gläubige Menschen. Viele baptistische Theologen orientieren sich am Täufertheologen Balthasar Hubmaier. Übernehmen allerdings auch seine nichtpazifistische Lehre zur Legitimation und Teilnahme an staatlicher Gewalt. – Ich würde auch Freie ev. Gemeinden, Pfingstgemeinden u.a. Gemeinden, die keine Kinder taufen zu den täuferischen Kirchen zählen. Wenn wir das tun, gibt es auf einmal tendenziell eine täuferische Mehrheit in der Christenheit. – Vielleicht schade, dass diese anderen täuferischen Gemeinden nicht als Mitträger des 5-Jahresprogramms gewonnen wurden. Aber da die ACK ja Mitträgerin ist, können sie ja lokal als Mitveranstalter gewonnen werden. Interessant wäre etwa auch, sich gemeinsam die friedenskirchlichen Tendenzen in der Entstehungszeit der Pfingstbewegung anzuschauen.

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