AUGSBURG (apd) – Bei einem Festakt im Goldenen Saal des Rathauses wurde am 21. Oktober der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrer Martin Junge, mit dem Augsburger Friedenspreis 2017 ausgezeichnet. Oberbürgermeister Kurt Gribl überreichte vor über 200 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kirchen und Gesellschaft die von einem Augsburger Goldschmied gefertigte Skulptur „Paxibile“. Der mit 12.500 Euro dotierte Preis wird seit 1985 von der Stadt Augsburg gemeinsam mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern alle drei Jahre an Persönlichkeiten vergeben, die sich um ein tolerantes und friedfertiges Miteinander der Kulturen und Religionen verdient gemacht haben.
Mennonit würdigt Lutheraner
Die Laudatio hielt César Carcía, Generalsekretär der Mennonitischen Weltkonferenz. Er würdigte Junge als Persönlichkeit, die „nicht auf Distanz geht, sondern zur Versöhnung auffordert“. Seine unermüdliche Arbeit für die Aussöhnung zwischen den Konfessionen und für das Streben nach Gerechtigkeit und Frieden verdiene diese Auszeichnung. García wies auf die Besonderheit hin, dass er als Mennonit diese Rede halten könne: „Vor Jahrhunderten wäre es unvorstellbar gewesen, dass eine täuferisch-mennonitische Führungsperson zu Ehren einer lutherischen Führungsperson in dieser Stadt spricht. Die Jahre der religiösen Gewalt, des Märtyrertums und der Verfolgung sind vorbei – durch das Wunder der Versöhnung, bei dem Martin Junge eine tragende Rolle gespielt hat.“ In einer historischen Versöhnungsbitte hatte der Lutherische Weltbund die Mennoniten bei der Elften LWB-Vollversammlung 2010 in Stuttgart um Vergebung für die Verfolgungen ihrer Konfession durch die Lutheraner gebeten.
Augsburg galt als ein Zentrum der Täuferbewegung in der Reformationszeit bis die Stadtwache 1528 deren Ostergottesdienst auflöste und der Mennonitenprediger Hans Leupold als Ketzer „aus Gnaden“ mit dem Schwert hingerichtet wurde, um ihm den grausameren Feuertod zu ersparen. Erst seit 1926 gibt es wieder eine Mennonitengemeinde in der Fuggerstadt.
Friedensstiftende Grundausrichtung der Religionsgemeinschaften bewahren
In seiner Ansprache sagte der Preisträger: „Religionsgemeinschaften, auch die christliche, müssen wachsam bleiben und erkennen, wenn statt ihrer friedensstiftenden Grundausrichtung ihr Konfliktpotential mobilisiert wird. Ich betrachte es als eine der vorrangigsten gegenwärtigen Aufgaben für uns Religionsvertreter, dafür Verantwortung zu übernehmen, dass die negativen Potentiale von Religionen weder zur Entfaltung kommen, noch politisch instrumentalisiert werden.“ Die Stadt Augsburg stehe mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 für die Friedensbemühungen zwischen Katholiken und Lutheranern, führte der LWB-Generalsekretär aus. Gleichzeitig erinnere das Datum jedoch auch an die Konflikte zwischen den Konfessionen und das Gewaltpotential des Christentums.
Der chilenische Theologe appellierte, Kirche nicht als Selbstzweck zu sehen: „Gottesdienst und Weltdienst gehören zusammen“, sagte Junge, der mit dem Lutherischen Weltbund auch eine der grössten protestantischen Organisationen der Not- und Entwicklungshilfe leite. Mit Blick auf die weltweiten Flüchtlingsbewegungen sagte er, dass die Zuwendung zum leidenden Nächsten unveräusserlich zur christlichen Identität gehöre. Wer behaupte, Europa müsse seine Grenzen dichtmachen, um dadurch seine christliche Identität zu schützen, habe nichts vom christlichen Glauben verstanden.
Der Lutherische Weltbund
Der Lutherische Weltbund ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund/Schweden gegründet, zählt er inzwischen 145 Mitgliedskirchen, denen rund 74 Millionen Lutheraner in 98 Ländern weltweit angehören. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, wie ökumenische und interreligiöse Beziehungen, Theologie, humanitäre Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit. Das Büro der Kirchengemeinschaft befindet sich in Genf/Schweiz.
Foto: LWB-Generalsekretär Martin Junge erhält den Augsburger Friedenspreis. Foto: Ruth Plössel.