ÖRK – Die mit dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens verbundenen Hoffnungen waren als eigentliches Thema bestimmend für den Ablauf der Tagung des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Trondheim, Norwegen. Die Tagung 2016 fand vom 22. bis zum 28. Juni statt und war die zweite Tagung seit der Wahl des Zentralausschusses auf der 10. ÖRK-Vollversammlung 2013 in Busan, Südkorea.
Das Thema „Pilgerwege: gemeinsam die Landschaft erkunden“ entsprach der Abschlussbotschaft der 10. Vollversammlung, die u. a. zu einer deutlichen Erklärung für Frieden und Gerechtigkeit in Israel und Palästina auffordert. Auf Einladung der Kirche von Norwegen hat der Zentralausschuss in Trondheim wichtige Themen für die weltweite ökumenische Familie erörtert. Die Stadt war immer ein wichtiges christliches Pilgerziel und verfügt über eine der nördlichsten mittelalterlichen Kirchen der Welt.
Die Tagung des Zentralausschusses als höchstes Leitungsgremium des ÖRK bis zur nächsten Vollversammlung wurde von der Vorsitzenden Dr. Agnes Abuom von der Anglikanischen Kirche von Kenia offiziell am 22. Juni eröffnet. Dr. Abuom forderte die Mitgliedskirchen nachdrücklich auf, aktiv den Wandel in einer „sich schnell verändernden und zunehmend pluralistischen Welt mitzugestalten.“
Möglichkeiten des Pilgerwegs nutzen
Dr. Abuom wies darauf hin, dass uns „der Pilgerweg unendliche Möglichkeiten eröffnet, uns selbst als eine Bewegung des Volk Gottes in Mission neu zu definieren – offen und inklusiv, lebhaft und empfänglich für die Eingaben des Heiligen Geistes.“ Der Zentralausschuss tagt alle zwei Jahre und besteht aus 150 VertreterInnen und Vertretern der 348 ÖRK-Mitgliedskirchen. Er ist für die Umsetzung der von der Vollversammlung beschlossenen Grundsätze und Leitlinien für die Arbeit des ÖRK verantwortlich und überprüft und überwacht die Programme und den Haushalt des Ökumenischen Rates.
Die Wahl der neuen Mitglieder des Exekutivausschusses fand ebenfalls in Trondheim statt. Der Zentralausschuss hat weiterhin einen Ausschuss gewählt, der eine Zwischenbewertung seiner Programme durchführen soll, sowie einen weiteren Ausschuss zur Planung der nächsten ÖRK-Vollversammlung.
„Wir haben immer wieder bekräftigt, dass die Kirche eine Volksbewegung ist und dass der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens auch Menschen anderen Glaubens sowie Männer und Frauen guten Willens einbindet“, sagte Abuom. „Lasst uns unsere Fähigkeit zum Diskurs zurückgewinnen und neu aufbauen.“ ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit, Mitglied der Kirche von Norwegen, beschrieb die Kirche auf ihrem Pilgerweg als „ein Volk, das durch Hoffnung definiert ist.“ Er sagte: „Es geht hier nicht um einen allgemeinen Optimismus, sondern um eine Begründung und eine Motivation für die Hoffnung.
Oft bedeutet das, über das offenkundig Sichtbare hinauszuschauen und mehr zu erwarten, auch etwas anderes zu erwarten, nach Gerechtigkeit und Frieden zu suchen und sich nicht mit weniger zufriedenzugeben“, erklärte Tveit. „Die Hoffnung ist ein Kriterium unseres christlichen Glaubens.“ Er nannte Beispiele aus der Tätigkeitsübersicht des Exekutivausschusses seit 2014 und ging näher auf das Engagement des ÖRK an bestimmten Stationen des Pilgerwegs ein, zum Beispiel koreanische Halbinsel, Ukraine, Libanon, Israel und Palästina, Südsudan, Burundi, Kolumbien, Nigeria und die Städte in den Vereinigten Staaten, in denen es zu Rassenunruhen gekommen ist.
Friede und Gerechtigkeit in Israel und Palästina
In Trondheim hat der Zentralausschuss die Einberufung einer Internationalen Ökumenekonferenz für das Jahr 2017 genehmigt, um „das ökumenische Zeugnis für Frieden mit Gerechtigkeit für das israelische und palästinensische Volk zu bekräftigen und zu stärken.“ Der Zentralausschuss hat ebenfalls eine wichtige Erklärung zu dem historischen zweiseitigen Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung Kolumbiens und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC-EP) in Havanna am 23. Juni 2016 veröffentlicht. „Wahrheit, Heilung und Transformation“ sind die wichtigen Themen der Erklärung einer Konferenz über indigene Völker. Der ÖRK hat ebenfalls die Solidarität der Kirchen mit Tanah Papua (Westpapua) erklärt.
Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland hat per Referendum am 23. Juni beschlossen, die EU zu verlassen. Der Zentralausschuss gab daraufhin eine Erklärung ab und forderte die Mitglieder auf, dafür zu beten, dass „Gottes Führung und Weisheit die religiösen und politischen Führungskräfte im VK, in Europa und überall auf der Welt leiten möge.“ Es gab Podiumsdiskussionen über die Rechte von Kindern sowie eine kritische Selbstreflexion zum Thema Religion und Gewalt. Der ÖRK setzte sich für Zwangsvertriebene und in diesem Zusammenhang auch für das Recht auf Asyl ein.
Netzwerk von Friedensinitiativen
„Wir haben ein Netzwerk von Friedensinitiativen aufgebaut“ berichtete Tveit, und verwies auf ein Treffen von Kirchenteilnehmenden in der Woche zuvor zu einem „Workshop in Johannesburg, Südafrika, auf dem das Soweto-Massaker vor 40 Jahren aufgearbeitet wurde. Die Kirchen aus allen Teilen der Welt tauschen sich über Möglichkeiten aus, wie wir unsere Rolle als Friedensstifter und Mahner der Gerechtigkeit erfüllen können.“
Ermutigung, Inspiration und Geschichten erzählen sorgten für eine lebendige Plenumsdiskussion des Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens. In erster Linie beschrieb diese Session die sichtbarsten Initiativen des Pilgerwegs seit seinem Beginn Ende 2013. Dazu gehören der äußerst erfolgreiche Pilgerweg der Klimagerechtigkeit im Vorfeld des Klimagipfels der Vereinten Nationen in Paris Ende 2015 mit einem wegweisenden Abkommen zur Eindämmung des Klimawandels; mehrere aktuelle Initiativen und Besuche bei Mitgliedskirchen im Nahen Osten; der Pilgerweg durch Lateinamerika der lateinamerikanischen ÖRK-Präsidentin Pastorin Gloria Nohemy Ulloa Alvarado und des Generalsekretärs 2015; und der Pilgerweg nach Hiroshima und Nagasaki mit Beteiligung einer Delegation von Mitgliedskirchen anlässlich des 70. Jahrestages des Atombombenabwurfs und zum Gedenken der Opfer in beiden Städten.
Weltmissionskonferenz
Am 29. Juni hat sich der Zentralausschuss für Arusha, Tansania als Veranstaltungsort der nächsten Weltmissionskonferenz entschieden, die vom 8. bis zum 13. März 2018 stattfindet. Bischof Geevarghese Mor Coorilos, Vorsitzender der Kommission für Weltmission und Evangelisation (CWME), präsentierte das Konferenzthema „Moving in the Spirit: Called to Transforming Discipleship.”
Mehr als 700 Delegierte von Kirchen weltweit werden zu der von der Evangelischen-Lutherischen Kirche in Tansania ausgerichteten Konferenz erwartet. Während der Tagung hat der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) drei neue Mitgliedskirchen in der ökumenischen Gemeinschaft begrüßt, und für zwei weitere Kirchen beginnt die Interimszeit vor der endgültigen Aufnahme in den ÖRK.
Holländische Reformierte Kirche in Südafrika
Südafrikas Holländische Reformierte Kirche, gegründet im 17. Jahrhundert, hat mehr als eine Million Mitglieder und drei theologische Fakultäten. Zwar hatte die Kirche den ÖRK 1948 mitgegründet, doch brach sie in den 1960er Jahren die Beziehungen ab, als sie sich harter Kritik aus der ökumenischen Gemeinschaft an ihrer aktiven Unterstützung der Apartheid ausgesetzt sah.
Ab 1986 hat die Holländische Reformierte Kirche jede Form von Rassismus verurteilt und sich allen Gläubigen geöffnet. Sie wurde daraufhin 1998 wieder in die Kirchenfamilie des Reformierten Weltbundes aufgenommen und wurde 2012 erstmals Mitglied in der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz sowie im Südafrikanische Rat der Kirchen (SACC). Ein weiteres neues Mitglied ist die Blantyre Synode der Presbyterianischen Kirche von Zentralafrika (CCAP) für die südliche Region Malawis. Gegründet von schottischen Missionaren im 19. Jahrhundert, zählt die CCAP Blantyre Synode heute 1,8 Millionen Mitglieder in 800 Ortsgemeinden.
Der Rat der Baptistenkirchen in Nordost-Indien (CBCNEI) hat sich dem ÖRK angeschlossen und ist eine der größten Baptistengruppen in Indien mit 1,2 Millionen Mitgliedern in 7 263 Gemeinden. Für die Afrikanische Bruderschafts-Kirche aus Kenia und die Gemeinschaft baptistischer Kirchen in Zentralafrika (CBCA) in der Demokratischen Republik Kongo beginnt die Interimszeit vor der endgültigen Aufnahme in den ÖRK.
Die Gruppe der 150 Vertreter/innen von ÖRK-Mitgliedskirchen prüften die ÖRK-Programmplanung für 2018-2021 sowie den Haushalt unter Berücksichtigung unterschiedlicher Finanzszenarien. Während des Wochenendes fanden Besuche bei Gemeinden in der Gegend um Trondheim statt. Der Zentralausschuss wurde von Führungspersonen norwegischer Kirchen und der kommunalen Körperschaften begrüßt.
„Dieses Treffen ist ein Symbol für das, was wir dringend brauchen – mehr Dialog und Gemeinschaft über die Grenzen hinaus“, sagt die norwegische Kulturministerin Linda Hofstad Helleland. „Dann werden wir in der Lage sein, etwas zu verändern und zu bewegen.“ Helleland hielt ihre Rede in Trondheim vor den Delegierten der Tagung des Zentralausschusses.
Sie fuhr fort: „Es ist ein besonderes Erlebnis, hier mit religiösen Führungspersönlichkeiten aus allen Teilen der Welt zusammenzukommen. Was sie eint, ist ihr Glaube und ihr niemals nachlassender Kampf für Werte wie Friede und Gerechtigkeit. Das eröffnet uns Möglichkeiten und Hoffnungen für die Zukunft. Deshalb ist es für mich so wichtig, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.“ In ihrer Ansprache an die Delegierten betonte Helleland, dass die Arbeit der religiösen Führungskräfte nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Q: oikoumene.org / Foto: Ned Alley/WCC
Eine weitere Meldung zu diesem Thema kommt von der ACK:
Es gab auch eine Plenarsitzung zum „Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“. Diese kann unter folgendem Link angesehen werden:
https://youtu.be/GCQyE4BIr6U?list=PLI22eVXX9FYmJohFrHZaIV3Qivgr18RYh