LIESTAL – (APD) Am 13. Juli 2011 jährte sich zum 300. Mal der grosse Berner Täufer-Exodus, bei dem gegen 350 einheimische Täuferinnen und Täufer auf Druck der Berner Obrigkeit ihre Heimat auf immer Richtung Carolina, Amerika, zu verlassen hatten.
Als Täufer werden Mitglieder einer radikal-reformatorischen Bewegung bezeichnet, die im Rahmen des religiösen Erneuerungsprozesses im 16. Jahrhundert auftauchen. Ihre wortgetreue Auslegung des Neuen Testaments führte zu Unterschieden in Lehre und Praxis gegenüber der im Kanton Bern vorherrschenden reformierten Kirche, unter anderem im Taufverständnis. Die Täufer vollziehen keine Säuglingstaufe, sondern ausschliesslich die Erwachsenentaufe.
Diese Täufer-Ausschaffung von 1711 habe den vorläufigen Höhepunkt in einer langen Reihe von Bestrebungen der Berner Behörden dargestellt, das eigene Territorium „täuferfrei“ zu machen, schreibt Hanspeter Jecker, Dozent für Kirchengeschichte und Ethik am Theologischen Seminar Bienenberg, Liestal, in einer Pressemitteilung. Der Bernische Grosse Rat habe 1709 in einer Sitzung bezüglich des Kampfes gegen die Täufer gehofft, „dieses Unkraut völlig ausreuten zu können.“
Demnach seien die Täufer von Anfang an als Ketzer und Scheinheilige gebrandmarkt worden. Ihre auf religiösen Gründen basierende Verweigerung des Waffen- und Kriegsdienstes habe sie in den Augen der Behörden zu staatsbedrohenden Rebellen gemacht, die eliminiert werden sollten. Dieser kirchlich-religiösen Nonkonformisten habe man sich in der „Wiedertäüffer-Ordnung“ von 1707 „entladen“ und „dieses unkraut in unseren landen ausswurtzlen“ wollen, so Jecker.
Die Mennoniten, eine Richtung der Täuferbewegung, habe die niederländische Regierung zu einer äusserst aufwändigen diplomatischen Intervention zu Gunsten der eingekerkerten bernischen Täufer veranlasst, so der Bericht. Nach der Amnestie hätten am 13. Juli 1711 die 350 ausreisewilligen Frauen, Kinder und Männer mit ihren Bewachern die Aarestadt in fünf Booten Richtung Basel und Niederlande verlassen. Nach der Ankunft in Njimwegen habe das Wort des niederländischen Kanzlers Fagel Gültigkeit gehabt: „Sobald ein Mensch den Fuss in dieses Land setzt, ist er frei.“ Es habe ausgeschaffte Täufer gegeben, die sich auf den Weg zurück nach Hause gemacht hätten, andere seien zu Glaubensgenossen in die Pfalz gegangen und ein weiterer Teil habe sich in den Niederlanden angesiedelt.
„Beim Kampf gegen das Täufertum arbeiteten die politischen und kirchlichen Behörden meist eng zusammen“, schreibt Hanspeter Jecker. „Landvogt und Pfarrer waren zentrale Figuren für die Durchsetzung der obrigkeitlichen Massnahmen auf der Landschaft.“
Für die Täufer bildet die ganze Bibel, Altes und Neues Testament, die Grundlage ihres Glaubens. Darin sind für sie nebst dem Sakramentsverständnis (Taufe und Abendmahl) weitere wichtige Konzepte enthalten, wie Gewaltlosigkeit, Religions- und Gewissensfreiheit, Trennung von Kirche und Staat sowie Gütergemeinschaft.