SALATIGA/INDONESIEN – Bei einer dreitägigen Reise durch die von der Flutwelle verwüstete indonesische Provinz Aceh zeigten sich die Mitglieder eines Sondierungsteams des Mennonite Central Committee (MCC) erschüttert vom Ausmaß der Zerstörungen.

„Wir haben Quadratkilometer um Quadratkilometer durcheinander geworfener Trümmer gesehen“, berichtet Ed Martin, der die Zentral- und Südasienarbeit des MCC leitet. „Es sind nicht einfach kaputte Gebäude, sondern durcheinander gewirbeltes Material – alles, was zum menschlichen Dasein gehört, in einem einzigen Tohuwabohu. Ich habe noch niemals Zerstörungen von auch nur annähernd ähnlichem Ausmaß gesehen.“

So hat das Team, das vom 17. bis 20. Januar in Aceh unterwegs war, beispielsweise große Boote gesehen, die von der Flutwelle mitten in die Überreste hoher städtischer Gebäude getragen worden waren, mehrere Kilometer vom Meer entfernt.

Drei Wochen nach dem Seebeben und dem Tsunami vom 26. Dezember stehen die Überlebenden immer noch unter Schock, wie das Team berichtet. Jeanne Jantzi, die die MCC-Arbeit in Indonesien mit leitet, war bereits vom 6. bis zum 9. Januar in Aceh. Bei ihrem Besuch zehn Tage später nahm sie bei den Menschen kaum Veränderungen wahr. „Sie sind immer noch betäubt und unter Schock“, berichtet Jantzi.

Das unfassbare Ausmaß der Tragödie übersteigt alle menschlichen Begriffe, zumal immer noch Leichen aus den Trümmern geborgen werden und die Zahl der Toten nach wie vor steigt. Nach aktuellem Stand beträgt sie in der Provinz Aceh 216 000. Jantzi zufolge begrüßen sich die Menschen inzwischen mit der Frage: „Wie viele sind dir geblieben?“

Manche durchleben noch einmal das Entsetzen ihres knappen Entkommens. Das Team traf einen Fischer, der auf See war, als der Tsunami zuschlug. Er beschrieb drei Wellen, von denen die dritte „wie der Kopf einer Kobra kurz vor dem Zustoßen“ aussah, berichtet Willie Reimer, Leiter des MCC-Referats für Ernährung, Katastrophen- und Materialhilfe. Der Fischer auf dem Boot überlebte zusammen mit einem anderen Mann, indem sich beide an Trümmern des Bootes festhielten.

Das Team traf auch auf einen jungen Acehnesen, der einsam in den Trümmern seines Hauses saß, wo er gegen einen Hocker gelehnt zusammengesunken war. Er hockte da wie betäubt und konnte immer noch nicht begreifen, dass seine ganze Familie – seine Eltern und vier Geschwister – innerhalb weniger Minuten davongerissen worden waren. Als er gefragt wurde, wie alt er sei, dachte er eine Weile nach und begann dann zu weinen, als ihm klar wurde, dass an diesem Tag sein 25. Geburtstag war.

„Wenn wir die Menschen fragten, was als Nächstes ansteht, trübten sich ihre Gesichtszüge und uns war klar, dass sie noch nicht so weit waren, dass sie darüber hätten nachdenken können“, merkt Ken Snyder aus Salem/Oregon an, der in den nächsten zwei Monaten als Berater für die MCC-Tsunami-Hilfe in Indonesien Dienst tun wird.

Im Rahmen des Hilfspakets von über 12 Mio. US$ (ca. 9,4 Mio. €), das auch mehr als 5 Mio. US$ (ca. 4 Mio. €) für Indonesien umfasst, leistet das MCC psychologische Betreuung für Traumatisierte in der Provinz Aceh und versorgt die Überlebenden mit medizinischen und materiellen Hilfsgütern einschließlich Nahrungsmitteln. Das MCC sammelt Hilfspakete und will bis zum 28. Februar auf 22 000 Pakete im Wert von ca. 800 000 US$ kommen. Längerfristige Planungen für Aceh sind in Arbeit. Sie werden sich auf den Wiederaufbau von Dörfern konzentrieren, wobei die betroffenen Bewohner/innen mitentscheiden sollen, wo im Rahmen von Bedürfnissen wie Wohnraum, Wasser und Abwasser, Existenzsicherung und Schulbildung die Prioritäten gesetzt werden.

Zum Teil werden die Maßnahmen über Partnerorganisationen von MCC Indonesien laufen. Diese Partnerwerke sind aber klein und verfolgen eng umrissene Ziele, beispielsweise medizinische Hilfe. Das Team schlägt daher vor, dass das MCC in Zusammenarbeit mit den mennonitischen Synoden Indonesiens und eventuell mit der mennonitischen Geschäftswelt Indonesiens auch eigene Wiederaufbaumaßnahmen in Angriff nimmt, hauptsächlich mit acehnesischem Personal.

In Anerkennung der Tatsache, dass die Stärke des MCC im mittleren bis langfristigen Wiederaufbau nach Katastrophen liegt, empfiehlt das Sondierungsteam einen drei- bis fünfjährigen Einsatz in der Provinz Aceh. Zwei nordamerikanische mennonitische Fachleute für Wasser, Abwasser und Wohnungsbau werden im kommenden Monat in Banda Aceh eintreffen, um Snyder bei der Planung der langfristigen MCC-Maßnahmen zu unterstützen. Es handelt sich um Steve Steiner aus Dalton/Ohio und John Williamson aus Akron/Pennsylvania.

Zu den Mitgliedern des Sondierungsteams für die MCC-Tsunami-Hilfe gehörten Allen Harder, der jahrelang für das MCC in Indonesien war; Dan und Jeanne Jantzi, die die MCC-Länderarbeit vor Ort leiten; Dwi Listiyanti, Vertreterin zweier indonesischer mennonitischer Synoden, nämlich der Muria-Synode und der Java-Synode; Ed Martin, der Leiter der Zentral- und Südasienarbeit des MCC; Willie Reimer, Leiter des MCC-Referats für Ernährung, Katastrophen- und Materialhilfe; sowie Ken Snyder, der als kurzfristiger Berater für die MCC-Tsunami-Hilfe tätig ist.

Autorin: Emily Will, sie lebt in Indonesien und schreibt für das MCC.
Übersetzung: cof
Mehr zum MCC unter www.mcc.org