WITTEN – Schockiert ist die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) über das Kölner Beschneidungs-Urteil. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel betonen VEF-Präsident Ansgar Hörsting und Vizepräsidentin Bischöfin Rosemarie Wenner, dass die Beschneidung zwar ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sei, aber keiner, der das Kindeswohl schädige, sondern ihm sogar förderlich sein könne. Indem die Beschneidung aus religiösen Gründen als dem Kindeswohl abträglich definiert werde, würden die beiden davon betroffenen Religionen, das Judentum und der Islam, diskreditiert und die Menschen jüdischen oder muslimischen Glaubens, die diesem Ritus in Deutschland folgen, diskriminiert. »Juden, die sich in ihrer religiösen Auffassung im Kern an die Beschneidung gebunden wissen, und Muslime, die sich dieser Tradition verpflichten, werden in Deutschland als Straftäter behandelt«, heißt es in dem Brief. Ein geringfügiger körperlicher Eingriff werde hier mit maximaler Wirkung zur Ausgrenzung von Menschen besonderer Religionszugehörigkeit kriminalisiert.
„Religionsfreiheit bedeutet für uns als Vereinigung Evangelischer Freikirchen nicht die Freiheit der Gesellschaft von Religion, sondern die Freiheit zur religiösen Praxis – im Rahmen der durch das Grundgesetz gegebenen Richtlinien. Wir wollen, dass jüdische und muslimische Mitbürger sich unter uns willkommen wissen.“ schreiben Hörsting und Wenner.
»Als Christinnen und Christen, die ihren Glauben in tiefer Hochachtung und Wertschätzung des Judentums leben, in dem der christliche Glaube wurzelt, können wir die Entscheidung des Gerichtes nicht unkommentiert lassen«, schreiben heißt es in dem Brief. »Als Bürgerinnen und Bürger dieses Staates, der die Menschenrechte achtet und die Religionsfreiheit garantiert, bitten wir darum mit Nachdruck den Gesetzgeber, hier für Rechtsklarheit und Schutz der Menschen in unserem Land zu sorgen, die eine Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen in ihrer elterlichen Sorge als eine dem Wohl des Kindes zuträgliche Entscheidung verantworten.«
Es geht im Urteil um einen unnötigen eingriff. Es ist egal wie gross oder klein dieser ist. Genausowenig wie ein bißchen Folter unakzeptabel ist, ist ein wenig Körperverletzung unakzeptabel. Und ob dieser Eingriff wesentlich ist oder nicht kann nur der Betroffene später feststellen nicht aber ein Rabbi, Pastor oder ….
Das Urteil ist richtig, geht aber nicht weit genug. Es ist an der Zeit dieses höchstrichterlich abzuklären. Es ist zu hoffen, dass Recht auf körperliche Unversehrtheit vor irgendwelchen Sektierern angesiedelt wird. Es ist zu hoffen, dass Strafen für Beschneider wie Eltern erhoben werden.
Die Beschneidung von Geschlechtsteilen von wehrlosen Kindern ist ein Verbrechen. Insofern begrüße ich das Kölner Urteil. Über die Reaktion der Vereinigung ev. Freikirchen dagegen kann ich nur den Kopf schütteln.
Liebe Brüder,
Ich bin als geschädigter und am eigenen leibe erfahrener der gleichen meinung wie die obigen nutzer.
(moderiert – bitte bleiben Sie am Thema)
Kurt Albert
lieber Schwestern und Brüder des VEF-Präsidiums,
schockiert bin ich über eure Verlautbarung, denn sie widerspricht sich in sich: Ihr versteht die Beschneidung als einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, bagatellisiert ihn dann als einen, der das Kindeswohl nicht schädige und anerkennt dann, dass die Freiheit zur religiösen Praxis sich im Rahmen unseres Grundgesetzes vollzieht. Das Grundgesetz sagt aber in Artikel 2, Absatz 2: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Insofern erscheint mir das Kölner Urteil folgerichtig.
Hinweisen möchte ich darauf, dass die Frontstellung, hier Christen, dort Juden und Muslime, falsch ist. Denn die Beschneidung wird, insbesondere in angelsächsischen Ländern, von vielen Christen vollzogen.
Als Freikirchen sollten wir gerade darauf hinweisen, um in dieser Frage von einer religiösen Polarisierung wegzukommen und eine sachliche Erörterung und der Lösungssuche entsprechend unseres Grundgesetzes zu finden.
Werner Funck
früheres Mitglied im VEF-Präsidium
Es ist lobenswert, dass die Evangelischen Freikirchen sich für die Gleichbehandlung aller Religionen einsetzen. Jedoch: Aus guten Gründen wird in der Mennonitischen Kirche die Erwachsenentaufe praktiziert. Warum sollten Angehörige anderer Religionen dann nicht das Recht haben, sich erst als Jugendliche/Erwachsene selbst zu entscheiden, ob sie sich einem bestimmten Ritus unterziehen wollen? Immerhin ist die Beschneidung ein Eingriff, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Mir erscheint es als Widerspruch, die freie Entscheidung im Erwachsenenalter für die eigene Gemeinde als existenziell wichtig zu definieren, es aber zu befürworten, wenn anderen Gläubigen genau diese Möglichkeit genommen wird.