Am 13. Januar vor 450 Jahren starb mit Menno Simons einer der einflußreichsten und bedeutendsten Täuferführer seiner Zeit. Ihm verdanken die „Mennoniten“ ihren Namen. Krank und in seinen Gemeinden zunehmend in der Minderheit, hatte er die letzten Jahre seines Lebens ab etwa 1554/55 auf dem Gut Fresenburg in der Nähe von Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein verbracht. Hier hatte er dank des toleranten Adligen Bartholomäus von Ahlefeld nicht nur einen Unterschlupf gefunden, sondern sogar eine kleine Druckerei einrichten können, die der Verbreitung seiner Schriften diente.
Trotzdem ging es ihm nicht gut, denn in den Gemeinden war Menno die Entwicklung immer stärker entglitten. Er war mit seinen Ansichten in die Minderheit geraten und hatte schließlich einem harten Kurs in der Frage des Banns zustimmen müssen, um nicht selbst aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Weniger die Auseinandersetzungen mit evangelischen Theologen und Kirchenführern als vielmehr die harten und kompromißlosen inneren Auseinandersetzungen machten Menno in seinen letzten Lebensjahren zu schaffen. 25 Jahre Verfolgung und Leben im Untergrund, verbunden mit langjähriger Reisetätigkeit in den Niederlanden und der norddeutschen Tiefebene vom Niederrhein bis nach Danzig hatten an seiner Gesundheit gezehrt und ihre Spuren hinterlassen.
Geboren wurde Menno vermutlich im Januar 1496 in Witmarsum in Friesland. Seine Eltern waren Bauern und zogen nach seiner Geburt ins nahe Pingjum, von wo der Vater stammte. Wahrscheinlich 1524 wurde Menno in Utrecht oder Bolsward zum Priester geweiht, danach wurde er Vikar in Pingjum. Er kam früh mit den weitverbreiteten zeitgenössischen Zweifeln an der hergebrachten Abendmahlslehre in Kontakt und versuchte, durch intensives Bibelstudium zur Klarheit zu gelangen. Seine Zweifel an der Verwandlung der Elemente Brot und Wein in Leib und Blut Jesu wurden dadurch aber nur noch stärker.
Im Jahr 1531 erfuhr er von der Hinrichtung eines Täufers in Leeuwarden, und zu seinen Zweifeln an der Abendmahlsauffassung trat jetzt auch noch die an der Kindertaufe. Ein Jahr später wurde Menno Pfarrer in Witmarsum und hatte nun auch direkt mit Täufern zu tun. Es wird vermutet, daß Menno jahrelang mit den Täufern sympathisierte. Bevor er dann aber im Januar 1536 (vor 475 Jahren) tatsächlich mit seinem bisherigen Leben brach, sich den Täufern anschloß und in den Untergrund ging, geschah noch einiges. In Münster in Westfalen entwickelte sich die dortige Reformation im Laufe des Jahres 1533 zu einer täuferischen Bewegung weiter, und Anfang 1534 setzte sie sich durch. Das sogenannte „Täuferreich zu Münster“, das anderthalb Jahre währte (bis Sommer 1535) wurde sofort militärisch bekämpft und die Stadt von den Truppen des Fürstbischofs belagert. Phantastische Schauergeschichten über die Vorgänge in der Stadt wurden verbreitet, die moderne Geschichtsforschung dagegen hat gezeigt, welches die inneren Entwicklungen in der Stadt waren und wie die eingeschlossenen Täufer versuchten, mit ihrer Theologie auf die jeweils sich ändernde Situation zu reagieren.
Unter den Täufern in Münster befand sich auch Mennos Bruder Peter Simons, er hatte dort sogar die Position des Hofmeisters der Königin Divara inne. Im Frühjahr 1535 aber ist Peter Simons unter den Täufern, die in Bolsward in Friesland ein Kloster besetzen. In Amsterdam versuchten Täufer, das Ratshaus zu stürmen. Mit solchen Aktionen wollte man den Münsteraner Täufern zu Hilfe kommen und die täuferische Reformation auch an anderen Orten durchsetzen. Aber das Kloster wird schnell erobert, die Täufer werden niedergemacht, auch Mennos Bruder wird getötet.
Münster selbst fällt im Sommer 1535 durch Verrat. Die Lage des Täufertums ist danach desolat, die verzweifelten täuferischen Gruppen kommen Menno vor wie verirrte Schafe. Er fühlt sich berufen, ihnen zu helfen, die Gläubigen zu trösten, zu sammeln und ihnen neue Orientierung zu geben.
Anfang 1536 ist Menno vierzig Jahre alt – und wendet sich ab von seinem bisherigen Leben. Lange genug hat er gegen seine innere Überzeugung den Priesterdienst versehen und dabei gegen sein Gewissen getauft und Abendmahl abgehalten. Innerlich längst auf ihrer Seite, schließt sich Menno nun offen den Täufern an. An die Stelle des gesicherten Lebens eines Pfarrers tritt die ungesicherte Existenz im Untergrund. Im gleichen Jahr heiratet Menno die
Begine Gertrud.
In der Täuferbewegung wächst Menno schnell in eine Führungsrolle hinein, bereits ein Jahr später steigt er zu einem Ältesten auf. Unter den verschiedenen täuferischen Richtungen, die nach der Niederlage in Münster miteinander im Wettstreit liegen, nimmt er eine charakteristische Position ein. Während die „Batenburger“ den Kampf der Münsteraner fortführen und als terroristische Gruppe im Untergrund die Rache an den Gottlosen propagieren, sind die „Davidjoristen“ bereit, sich unter dem Druck der Verfolgung äußerlich anzupassen, ihre Kinder in den Kirchen taufen zu lassen und ihre täuferischen Überzeugungen nur heimlich in einem informellen Netzwerk Gleichgesinnter weiter zu pflegen. Menno wendet sich gegen beide: Gegen die „Batenburger“ vertritt er die strikte Rach- und Wehrlosigkeit der Täufer. Das Gewaltmonopol der Obrigkeit wird bedingungslos anerkannt, jede Form täuferischer Gewaltausübung verworfen. Auf der anderen Seite hält er gegen die „Davidjoristen“ daran fest, daß täuferische Gemeinden sich sichtbar etablieren und für ihre Überzeugungen eintreten sollen. Das schließt die Bereitschaft ein, in der Nachfolge Christi Leiden auf sich zu nehmen. Diese spezifische täuferische Haltung verbindet sich bald mit Mennos Namen, erstmals 1544 taucht in einer Polizeiordnung der ostfriesischen Gräfin Anna die Bezeichnung „Mennoniten“ auf.
Für Menno kam es entscheidend darauf an, eine Obrigkeit zu finden, die Täufer toleriert und ihren Glauben und ihr Gemeindeleben zuläßt. Unermüdlich war er auf der Suche nach einer solchen Obrigkeit. Und wo er eine Chance sah, wagte er es, sich zu zeigen und in Gesprächen für seine Haltung zu werben. So in Emden 1544 und in Wismar 1554. Als sich ab 1540 auch das Kurfürstentum Köln für einige Jahre reformatorischem Gedankengut öffnete, zögerte Menno nicht, auch an den Niederrhein und möglicherweise sogar bis in die Gegend von Bonn zu kommen.
Menno war überzeugt, daß das täuferische Gemeindemodell sich durchsetzen und durch einen vorbildlichen Lebenswandel Gegner und Obrigkeit für diesen Glauben einnehmen würde. Doch fand sich diese Obrigkeit, die er suchte, nicht. Andererseits setzte das Streben nach moralischer Überlegenheit eine problematische Dynamik im Inneren der Gemeinschaft in Gang. Das Streben danach, „ohne Flecken und Runzel“ (Epheser 5,27) zu sein, wurde immer rigider, Abweichungen und moralische Verfehlungen wurden mit dem Bann bekämpft. Menno konnte sich dagegen nicht durchsetzen und trug diese Linie gegen seine innere Überzeugung mit, was er auf dem Sterbebett bedauerte.
Was bleibt, ist das Vermächtnis eines regen und kämpferischen Täuferführers, der in immer neuen Anläufen der Wahrheit des Evangeliums nachspürte und sie nach innen und außen in Wort und Schrift verteidigte. Mennos Leitspruch, den er allen seinen Schriften voranstellte, war das Wort aus 1. Korinther 3,11: Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus.
Aus dem Gemeindebrief Januar 2011 der Mennonitengemeinde Krefeld, S. 9-11. // Christoph Wiebe
[…] Mehr über Menno in einem Artikel von Christoph Wiebe im Nachrichtendienst mennonews: […]
Der erste interessante Bericht, den ich bisher über die Entstehung der Menisten entschuldigung der Mennoniten gelesen habe. Meine Suche beschränkte sich bislang auf die Alt- und Neutäufer, sowie
anderer täuferischer Gruppen wie den Stäblern und Schwertlern in Böhmen und im deutschsprachigen Raum. Nun weiss ich seit einiger Zeit auch von der Existenz der Batenburger, was mich jedoch irritiert,
sind die vagen bzw. sehr wenigen Informationen zu dieser sehr militanten Gruppe.
– Durch das Verständnis und dem rechtem Umgang mit seiner Vergangenheit, lernt man verlorenes und gewonnenes richtig zu schätzen.