BRETTEN –  Philipp Melanchthon, der intellektuelle Kopf hinter Luthers Reformation wird dieses Jahr ausgiebig gefeiert nicht nur in seiner Geburtsstatt Bretten. Das Melanchthonjahr 2010 würdigt seinen 450. Todestag. Landauf, landab wird er gerühmt als Bildungsreformer und Vorreiter der Ökumene. Einen der wenigen kritischen Akzente findet sich in einer Ausstellung, die am 15.4.2010 im Museum Schweizer Hof in Bretten eröffnet wurde. „Glauben im Kraichgau – Eine Landschaft im religiösen Wandel“ enthält eine Ausstellung in der Ausstellung. In 2002 war die Schau „Ketzer, Bauern, Stille im Lande … – 350 Jahre Mennoniten im Kraichgau“ durch verschiedene Städte der Region gezogen. Ausführlich wird darin auch der Verfolgung und Vernichtung der Täufer im 16. Jahrhundert gedacht. Eine Schautafel zur „Melanchthonstadt Bretten“ verweist auf Melanchthons gutachterliche Empfehlung die Aufrührer und Ketzer mit dem Tod zu bestrafen. Zahlreiche Exponate vom 16. Jahrhundert bis heute zeigen mennonitische Geschichte und Gegenwart.

Die Ausstellung, die noch bis Oktober geöffnet ist, zeigt die religiöse Entwicklung von mehr als 2000 Jahren von jungsteinzeitlichen Grabfunden über alemannische und römische Riten, die Christianisierung unter den Franken und die Rolle der Klöster, die Zeit der Reformation bis zur Einwanderung von Muslimen im 20. Jahrhundert und die Gründung von Moscheen. Es wird dargestellt, wie die einst lebendigen Synagogen des Kraichgau in der Nazizeit ausgelöscht wurden. Auch der christlichen Volksfrömmigkeit und dem Aberglauben ist jeweils ein Raum gewidmet. Breiten Raum nimmt Melanchthon als berühmter Sohn der Stadt ein. Neben seiner Rolle als Reformator wird auch die Melanchthonverehrung speziell in Bretten dargestellt. Wenige Schritte vom Museum entfernt lässt sich diese Verehrung im stadtbild-prägenden Melanchthonhaus, verschiedenen Melanchthonstatuen, einem Melanchthoncafé etc. weiter studieren.

Oberbürgermeister Wolff eröffnete die Ausstellung. Eine kundige Rede von Museumsdirektor Dr. Bahn führte ein in die bewegte Religionsgeschichte des Kraichgau und verband sie, mit Erläuterungen etwa über die jeweiligen Herrschaftsstukturen. Die kleinteiligen Herrschaftsverhältnisse des ausgehenden Mittelalters mit der Kurpfalz, Bistum Speyer, Württemberg, Baden-Durlach und zahlreichen kleinen Reichsritterschaften sorgten nicht nur für ein buntes konfessionelles Mosaik aus reformierten, lutherischen und katholischen Flecken. Sie kam auch den, wie er sich ausdrückte „Sondergemeinschaften“ der Waldenser und Mennoniten, zugute.

Eine in Mönchskutten gekleidete Gesangsgruppe sang u.a. das Lieblingsantifon Melanchthons und ließ zum Abschluss die Eröffnungsgäste den Klassiker „Der Mond ist aufgegangen“ mitsingen. Alles in allem eine sehenswerte Ausstellung in der sehenswerten Stadt Bretten.

Nähere Infos: Museum im Schweizer Hof, Bretten, Eingang Engelsberg 9, geöffnet hat die Ausstellung an Wochenenden und Feiertagen jeweils von 11 bis 18 Uhr. Ausserhalb der Öffnungszeiten sind auch Sonderführungen möglich. Der Eintritt ist frei. Anmeldung für Gruppen bei der Tourist-Info Bretten, 07252-583710.