BAMMENTAL – Das Deutsche Mennonitische Friedenskomitee (DMFK) vergibt den Michael-Sattler-Friedenspreis 2010 an Prof. Dr. Howard Zehr (USA). Er gilt als Mitbegründer einer neuen Bewegung im Rechtssystem, der ‚restorative justice’ oder ‚wiederherstellende Gerechtigkeit’. In Deutschland ist das juristische Verfahren unter dem Namen Täter-Opfer-Ausgleich bekannt. Eher unbekannt ist, dass Zehr und andere Mennoniten in Kanada die ersten Pilot-Projekte für diese Art von Versöhnungsarbeit in den 1970er Jahren gründeten.
Nach Zehr soll die Behandlung krimineller Delikte nicht vorrangig zwischen Staat und Täter ausgehandelt werden. Gerechtigkeit verlangt, dass die Bedürfnisse der Opfer im Vordergrund stehen. In Täter-Opfer-Gesprächen, die dem üblichen juristischen Vorgang vorgeschaltet werden, können Opfer und Täter einander persönlich begegnen. Opfer dürfen ihre Klagen und Fragen direkt an den Täter richten. Täter bekommen die menschliche Seite ihrer Handlungen vor Augen geführt und erhalten Gelegenheit einen Ausgleich für ihre Taten mit dem Opfer auszuhandeln. Der Vorgang führt zusätzlich dazu, dass Täter seltener rückfällig werden. Durch seine praktischen und theoretischen Leistungen auf diesem Gebiet ist Zehr zum international anerkannten Experten im Bereich der ,restorative Justice’ geworden.
Zehr war jahrelang Direktor des ,Office on Crime and Justice’ beim Mennonite Central Committee (MCC). 1996 wurde er zu einer Professur für Restorative Justice am Center for Justice and Peacebuilding der Eastern Mennonite University berufen. Sein Buch „Changing Lenses: A New Focus for Crime and Justice†(1990) gilt als fundamentales Werk dieser veränderten Sicht auf Gerechtigkeitsfragen.
Der Michael-Sattler-Friedenspreis wurde 2006 im Jubiläumsjahr „50 Jahre DMFK“ zum ersten Mal verliehen. Damals ging er an die gewaltfreie „Eingreiftruppe“ Christian Peacemaker Teams. Zweiter Preisträger war 2007 das Projekt „Zelt der Völker“ südlich von Bethlehem, wo die palästinensische Familie Nassar gewaltfrei um ihr Land zwischen jüdischen Siedlungen kämpft. Der Preis wird unregelmäßig verliehen an Projekte oder Personen, die praktisch, theoretisch oder theologisch kreative Beiträge zu Frieden und Versöhnung geleistet haben. Benannt ist der Preis nach Michael Sattler, der 1527 in Rottenburg am Neckar wegen seines gewaltfreien Friedenszeugnisses auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde.
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