GENF (LWI) – Der Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB) hat eine Erklärung verabschiedet, die als Vorbereitung dient für Versöhnungsakte mit den täuferischen Kirchen. Mit dieser Bestätigung wird der Elften LWB-Vollversammlung, die im Juli 2010 in Stuttgart stattfinden wird, empfohlen, die Erklärung „Beschlussfassung zum lutherischen Erbe der Verfolgung der ‚Anabaptisten’“ zu verabschieden.
In der Erklärung wird „tiefes Bedauern und Kummer“ über das Erbe der brutalen Verfolgung von Täufern geäussert, insbesondere darüber, dass lutherische Reformatoren diese Verfolgung mit theologischen Argumenten unterstützten. In der Erklärung werden „Gott und unsere mennonitischen Schwestern und Brüder“ für dieses Unrecht um Vergebung gebeten. Dies schliesst auch die Bitte um Vergebung dafür ein, dass LutheranerInnen diese Verfolgung vergessen oder ignoriert haben und TäuferInnen weiterhin auf irreführende und negative Weise beschrieben haben.
Die Erklärung umfasst des Weiteren Verpflichtungen, wie die brutale Geschichte der Verfolgung durch LutheranerInnen im Lichte dieser Erklärung in Zukunft erinnert und wie das konfessionelle Erbe der LutheranerInnen verstanden werden soll.
Dieser Beschluss des LWB-Rates basiert auf der Arbeit der Internationalen lutherisch-mennonitischen Studienkommission, die von 2005 bis 2009 tagte. Der Bericht dieser Kommission mit dem Titel „Heilung der Erinnerungen, Versöhnung in Christus“ wurde vom Rat, der der Kommission für ihre „gründliche und wichtige Arbeit“ Anerkennung aussprach, entgegengenommen.
Auf Empfehlung des Programmausschusses für Ökumenische Angelegenheiten beschloss der Rat, den Internationalen Lutherischen Rat (International Lutheran Council, ILC) über den Bericht und die Erklärung zu informieren. Weiterhin soll der ILC eingeladen werden, sich an diesem Prozess zu beteiligen und ebenfalls sein Bedauern und seinen Kummer über die Verfolgung der TäuferInnen durch LutheranerInnen auszusprechen.
Fest und Andacht
Im Anschluss an die einstimmige Verabschiedung, begrüsste Pfr. Dr. Larry Miller, Generalsekretär der Mennonitischen Weltkonferenz (MWK), den Beschluss. Die MWK-Vollversammlung im Juli 2009 in Asunción (Paraguay) hatte die Nachricht, dass die LutheranerInnen einen solchen Beschluss vorbereiten, freudig begrüsst und versprochen, die LutheranerInnen in diesem Prozess zu begleiten. Miller merkte an, dass diese Bitte um Vergebung erfordere, dass auch die MennonitInnen sich änderten.
„Sie applaudieren nicht sich selbst“, so Miller. „Sie applaudieren der Gnade Gottes unter uns.“ MennonitInnen hätten von LutheranerInnen gelernt, „dass wir allein durch unseren Glauben gerechtfertigt sind, weil wir wissen, dass die Rechtfertigung nicht nur Beziehungen zwischen einem selbst und Gott, sondern auch Gemeinschaft von Kirchen herstellt.“
LWB-Generalsekretär Pfr. Dr. Ishmael Noko beglückwünschte die Kommission zu ihrer Arbeit und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Vollversammlung in Stuttgart mit Blick auf die zu erwartende Verabschiedung des Beschlusses ein „Meilenstein sein werde“. „Unsere Kinder werden stolz sein auf diesen Tag“, betonte Noko. Er merkte an, dass LutheranerInnen und MennonitInnen bereits in der ganzen Welt zusammenarbeiteten und dass dieser Beschluss diese Zusammenarbeit auf eine neue Ebene heben werde.
Mit Blick auf die Vollversammlung in Asunción, an der auch der LWB-Generalsekretär und die Assistierende LWB-Generalsekretärin für Ökumenische Angelegenheiten, Dr. Kathryn Johnson, teilnahmen, bemerkte Noko, „[wir] haben in Paraguay wie Kinder geweint als wir sahen, wie die Mennoniten und Mennonitinnen uns in die Arme schliessen würden.“
Der Dialog- und Versöhnungsprozess begann 1980 als aus Anlass des 450. Jahrestages des Augsburger Bekenntnisses VertreterInnen von mennonitischen Kirchen die Frage aufwarfen, wie sie in die Feiern einstimmen sollten, wo doch das gefeierte Dokument die anabaptistischen und die eigenen Lehren ausdrücklich verurteilte.
1980 brachte das LWB-Exekutivkomitee sein Bedauern zum Ausdruck über den Schmerz und das Leid, das die Verurteilungen ausgelöst hatten, und rief die LWB-Mitgliedskirchen auf, „unser gemeinsames lutherisches Erbe in Dankbarkeit und Busse zu feiern.“
Im Jahr 2002 gründete der LWB-Rat zusammen mit der MWK die Internationale lutherisch-mennonitische Studienkommission.
Während ihrer Beratungen wurde der Kommission bewusst, dass die Geschichte der Verfolgung immer wieder ihre Bemühungen um theologische Diskussionen störte. Gemeinsam die Geschichte zu erzählen, wäre an sich schon ein Akt der Versöhnung, so ein Ergebnis der Kommissionsarbeit.
(Foto: Der Rat bei der Abstimmung, © LWF/ H. Putsman Penet)