PORTO ALEGRE – „Die ökumenische Bewegung steckt in einer Glaubwürdigkeits- und Bedeutungskrise“, sagte Aram I., Katholikos von Kilikien und Vorsitzender des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), am Mittwoch, 15. Februar, in seinem Bericht an die 9. ÖRK-Vollversammlung in Porto Alegre, Brasilien.

Die ökumenische Bewegung brauche dringend eine grundlegende Erneuerung und Verwandlung. Aram I. hob in seinem Bericht vor allem Gewaltlosigkeit als machtvolle Strategie für ein zukunftsweisendes Miteinander hervor. „Andere haben die Strategie des ‚Krieges gegen den Terror‘. Unsere ist die ‚Überwindung der Gewalt‘. Andere verfolgen das Ziel der ‚Sicherheit‘, selbst mit militärischer Gewalt. Unser Ziel ist Frieden durch Gerechtigkeit und die Förderung gegenseitigen Verstehens und Vertrauens“, sagte er unter anhaltendem Applaus der Delegierten und Gäste in Porto Alegre.

Die ÖRK-Dekade zur Überwindung von Gewalt habe höchste Dringlichkeit und solle Arbeitsschwerpunkt des ganzen Weltkirchenrates werden. Dieser christliche Beitrag zur globalen Kampagne gegen die Gewalt müsse allerdings vor dem Hintergrund neuer Entwicklungen reorganisiert und klarer definiert werden.

Als Motor für einen neuen Kurs in der Ökumene baut Aram I. vor allem auf die Jugend. Sie rufe nach offeneren Kirchen, einer Theologie, die die relevanten Fragen des Lebens anspreche, einer glaubwürdigeren Ökumene und mehr Mitbestimmung in der Gesellschaft. „Ich will aktive Jugendliche in allen Arbeitsbereichen und auf allen Ebenen der Kirchen und der ökumenischen Bewegung sehen“, sagte er. „Eine Vision braucht Visionäre.“

Der Vorsitzende des Zentralausschusses – dem ÖRK-Leitungsgremium zwischen den Vollversammlungen – fordert den Weltkirchenrat zu einem tiefgreifenden Wandel und zur Erneuerung seines Denkens und Handelns auf. „Was für ein Rat sind wir?“, fragte Aram die Delegierten der 348 ÖRK-Mitgliedskirchen. „Eine Organisation, die Aktivitäten plant und Fürsprache (‚advocacy‘) für andere initiiert, oder eine Gemeinschaft, die nach der sichtbaren Einheit der Kirchen strebt?“ Die Herausforderung sei, die beiden Schwerpunkte ‚ÖRK als Gemeinschaft von Kirchen‘ und ‚ÖRK als Anwalt der Schwachen‘ gut auszubalancieren.

An seine orthodoxen Brüder und Schwestern gerichtet bat er: „Nehmt den ÖRK ernster!“ und die Kirchen protestantischer Tradition forderte er auf: „Nehmt die Sorgen der Orthodoxen ernster.“

„Ökumenisch zu sein, gehört zum innersten Kern von ‚Kirche sein'“, betonte Aram I. in seinem Bericht. Im Rückblick auf sein eigenes ökumenisches Engagement bekannte er, dass er von der gegenseitigen Anerkennung der Taufe träume, einem gemeinsamen Termin aller Christen für die Feier des Osterfestes, einem Ökumenischen Konzil aller Kirchen, und – wie er auf Nachfrage ergänzte – vor allem, wenn auch noch in weiterer Ferne, dem gemeinsamen Abendmahl.

Webseite der Vollversammlung: www.wcc-assembly.info