celebrationDETMOLD – Im Rahmen der Jubiläums-Feierlichkeiten zum 150 jährigen Bestehen der Mennoniten-Brüdergemeinden am Pfingstmontag gab es ein „Statement zur Aussöhnung“ gegenüber den Mennoniten. Darin wird für „geistliche Überheblichkeit“ um Vergebung gebeten und „Stolz und die Lieblosigkeit“ bedauert, „die in unbrüderlichem Ablehnen von Geschwistern, in verletzender Verweigerung der Gemeinschaft und in verachtender Haltung anderen Mennonitengemeinden gegenüber zum Ausdruck kamen“. Gemeinsam wollen sie „offen sein für klärende Gespräche und mögliche Zusammenarbeit“.

Walter Jakobeit, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Brüdergemeinden (AMBD), Johann Richert, Bundesleiter des Bundes Taufgesinnter Gemeinden und Silke Brohl, Vorsitzende des Verbands der Evangelischen Freikirchen Mennonitischer Brüdergemeinden in Bayern (VMBB) verlasen die Erklärung.

Mit auf der Bühne waren Vertreter verschiedener mennonitischer Verbände, die kurz auf das Statement antworteten. Hermann Heidebrecht aus Bielefeld (Vorsitzender der AGUM), freute sich über den „kleinen Schritt“ und betonte, dass Mennoniten und Menoniten-Brüdergemeinden das selbe Ziel haben und schon öfter beiderseits ein Sehnen nach Frieden zu spüren war. Daniel Janzen (für die WEBB Gemeinden) betonte, dass eine Zusammenarbeit möglich ist und zum Beispiel in der gemeinsamen Trägerschaft des Bienenbergs schon seit längerem praktiziert wird. Frieder Boller (Vorsitzender der AMG) dankte für die neu aufgemachte Tür und machte Mut, der Erklärung auch die erwähnten klärenden Gespräche folgen zu lassen.

Zum Abschluss sprach Hans von Niessen, der ehemalige Leiter der Umsiedlerbetreuung ein Gebet, in dem er Gott um Vergebung und Segen bat. Anschließend reichten sich alle Beteiligten unter zustimmendem Applaus der Festgäste die Hände.

Hier das Statement im Wortlaut:

Statement zur Aussöhnung – Pfingsten 2010

Bei den Vorbereitungen der Feierlichkeiten anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Mennoniten-Brüdergemeinden und beim Schreiben ihrer Geschichte wurde uns erneut bewusst, dass Gott uns gegenüber sehr gütig und gnädig gewesen ist. Im Verlauf der 150 Jahre kreuzte sich immer wieder die Geschichte der MB Gemeinden mit der Geschichte anderer mennonitischer Gemeinden, vor allem mit der(n) Gemeinde(n), die unsere Glaubensväter 1860 verlassen hatten. Unsere nordamerikanischen Geschwister (Mennoniten-Brüdergemeinden und Gemeinden der General Conference Mennonite Church) haben bereits vor 50 Jahren einander um Vergebung gebeten, Vergebung gewährt und Aussöhnung gefeiert (Reedley 1960).

Wir als Arbeitsgemeinschaft mennonitischer Brüdergemeinden (AMBD) und Bund Taufgesinnter Gemeinden (BTG) stellen fest, dass Gott in den anderen (kirchlichen) Mennonitengemeinden in ähnlicher Weise gehandelt hat wie bei den Mennoniten-Brüdergemeinden. Es gab auf beiden Seiten Erneuerung, Mission und Wachstum. Wir können heute Gott für seine Güte und Gnade auf beiden Seiten danken, ihn loben und preisen. Es gab jedoch in der gegenseitigen Wahrnehmung und in den Beziehungen zu einander vielfach immer noch alte unbrüderliche Verhaltensmuster. Heute wollen wir unser Fehlverhalten der geistlichen Überheblichkeit, wann immer sie auch im Verlauf des Bestehens der Mennoniten-Brüdergemeinde zum Ausdruck kam, als sündhaft bekennen und um Vergebung bitten. Wir bedauern und bereuen unseren Stolz und die Lieblosigkeit, die in unbrüderlichem Ablehnen von Geschwistern, in verletzender Verweigerung der Gemeinschaft und in verachtender Haltung anderen Mennonitengemeinden gegenüber zum Ausdruck kamen. Wir – die Nachfahren der 1860 entstandenen Mennoniten-Brüdergemeinden in der AMBD und dem BTG – wollen im Geist der Vergebung die Vergangenheit bewerten und in diesem Geist auch die Gegenwart und Zukunft gestalten. Unser zukünftiges Miteinander soll von brüderlicher Liebe nach dem Gebot Christi und von gegenseitiger Wertschätzung bestimmt sein. Als selbständige Gemeindebewegungen wollen wir offen sein für klärende Gespräche und mögliche Zusammenarbeit.

Im Namen der BTG und AMBD

Der Verband der Evangelischen Freikirchen mennonitischer Brüdergemeinden in Bayern (VMBB) schließt sich diesem Statement an.

3 Kommentare zu “Mennoniten-Brüdergemeinden bitten Mennoniten um Vergebung”
  1. Liebe Geschwister,
    Diese Mitteilung ist nur die Spitze des Eisbergs Mennoniten in Deutschland.
    (…redaktionell gekürzt…)
    Eine wirkliche Aufarbeitung der Vergangenheit ist nicht die Akzeptanz zweier unterschiedlicher Taufformen. Tatsächlich sind die negativen Fakten aus den Gemeinden, fälschlicherweise „Seelsorge-Fälle „genannt nicht aufgearbeitet geschweige denn überhaupt benannt.
    Zukunft braucht Erinnerung. Nicht eine geschichtsverfälschende Heroisierung der Vorfahren.
    Wir sehn uns
    A.Pehl

  2. Nachdem ich dieses Statement zur Aussöhnung gelesen hatte, dachte ich: Das ist ja wirklich eine gute Sache! Und nach dem Lesen des Kommentars weiter oben: Oh, oh, eine gute Sache ist es bestimmt, aber wahrscheinlich auch keine einfache… So wie es in meinem eigenen Leben Beziehungen gibt, die nach Versöhnung schreien, so wird es wohl auch auf der Ebene „meiner“ mennonitischen Gemeindeverbände sein… Ich finde es wirklich gut, dass dieses Versöhnungsangebot offiziell auf der 150-Jahre-Feier ausgesprochen worden ist. Und ich wünsche mir, dass nicht nur auf diesen abstrakten Verbandsebenen über Versöhnung gesprochen wird, sondern auch, dass diese Versöhnung bei den verschiedenen Gemeinden und russlandmennonitischen Vereinen, sei es in Detmold, Bielefeld oder sonstwo, auf persönlicher Ebene noch besser praktiziert wird.

  3. Also Lutheraner würde mich sehr interessieren was Herr Pehl mit „unterschiedlichen“ Taufformen meint.

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