candpBOLANDEN – „Wir ringen weiter um die Frage, wie unschuldige Menschen vor Ungerechtigkeit, Krieg und Gewalt geschützt werden können. In diesem Zusammenhang stellen wir uns tief greifende Fragen zum Konzept der „Schutzverantwortung“ und zu dessen möglichem Missbrauch. Wir rufen den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und seine Partnerorganisationen dringend auf, ihre Haltung in dieser Frage weiter zu klären,” so haben die Delegierten aus Kirchen der ganzen Welt in Kingston, Jamaika zum Ende der Dekade zur Überwindung von Gewalt im Mai dieses Jahres beschlossen.

Dieser Aufruf aus der Abschlussbotschaft der Internationalen ökumenischen Friedenskonvokation (IöFK) und seine Konsequenzen waren ein zentrales Thema der Vorstandssitzung von Church and Peace, die vom 2. bis 4.11. in der Mennonitengemeinde Weierhof zu Gast war. Die Sitzung begann mit der Teilnahme am ökumenischen Friedensgebet, mit dem die Kirchheimbolander Friedenstage eröffnet wurden.

Die Herausforderung von Church and Peace an die Delegierten in Kingston: Der erste Entwurf für die Abschlussbotschaft der IöFK bezeichnete die Schutzverantwortung mit ihrer Option, bedrohte Bevölkerungsgruppen mit militärischer Gewalt zu schützen, als Teil des Konzepts des Gerechten Friedens. Dies hat die zeitgleich zur IöFK in Frankreich tagende Mitgliederversammlung von Church and Peace bedauert und in einer Botschaft an die Delegierten in Jamaika noch einmal formuliert, was die historischen Friedenskirchen bezeugen: „Wir weisen die Annahme zurück, dass gerechter Friede uns in das Dilemma zwingt zwischen der Berufung zur Gewaltfreiheit und einem rechtlich legitimierten Einsatz von Gewalt, um bedrohte Bevölkerungen zu schützen.“ Pastorin Janna Postma, Mitglied des Vorstands und als Delegierte in Jamaika, schilderte auf dem Weierhof den intensiven Diskussionsprozess, in dem sich Delegierte aus dem Netz der historischen Friedenskirchen und Mitgliedsgruppen von Church and Peace (besonders der zweite Church and Peace- Vertreter Kees Nieuwerth) eindeutig gegen die theologische Akzeptanz des Einsatzes militärischer Mittel im Rahmen der internationalen Schutzverantwortung aussprachen. Der Vorstand begrüßt den eingangs zitierten wichtigen Aufruf.

Eine Antwort der Kirchen wird nun erwartet: Dass das Konzept der „Schutzverantwortung“ und damit die Legitimierung militärischer Gewalt nun zur Diskussion steht, ist, so die Vorstandsmitglieder aus den Niederlanden, England, der Schweiz, Serbien und Deutschland, eine große Chance und Verpflichtung. „Das Gespräch, das Ringen miteinander um den Weg der Gewaltfreiheit in der Nachfolge Jesu muss nun weiter gehen – durch theologische Arbeit, durch politische Analyse und indem wir beispielhaft leben, wofür wir stehen. Die Vollversammlung des ÖRK 2013 in Busan, Südkorea sollte die Frage beantworten, ob die Kirchen eindeutig für die Gewaltfreiheit einstehen“, so der Vorstand.

Der Vorstand von Church and Peace bittet deshalb die Kirchen – und damit auch die zur Zeit in Magdeburg tagende Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – , diese Herausforderung aufzugreifen und einen Prozess zu initiieren, der zu Klärungen und Antworten auf die Fragen zum Konzept der Schutzverantwortung führt.